679 Fälle Mehr Übergriffe auf oberfränkische Polizeibeamte

red
Symbolfoto: dpa Quelle: Unbekannt

BAYREUTH. Insgesamt 679 Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte im Jahr 2018 registrierte das Polizeipräsidium Oberfranken. Dies stellt eine Steigerung um 8,3 Prozent (+ 52 Fälle) zum Vorjahr dar. Von den betroffenen 2022 Beamten erlitten über 200 Ordnungshüter bei den gewalttätigen Angriffen teils erhebliche körperliche Verletzungen.

 
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Nahezu täglich werden oberfränkische Polizisten von Straftätern beleidigt und körperlich oder gar mit Waffen angegriffen, teilte das Polizeipräsidium Oberfranken am Montag mit.

Der jüngste Fall ereignete sich am frühen Sonntagmorgen in Rehau, als auf dem dortigen Wiesenfest drei Polizeibeamte beim Schlichten eines Streits zum Teil erheblich verletzt wurden. Die Polizisten waren gegen 1.15 Uhr auf eine Auseinandersetzung mehrerer Festbesucher aufmerksam geworden. Nachdem ein 18-Jähriger einen 23 Jahre alten Mann gewaltsam zu Boden gebracht hatte, versuchte der Schläger sein Opfer weiterhin zu attackieren.

Die Beamten gingen dazwischen, leisteten dem am Boden Liegenden Hilfe und nahmen den Täter fest. Dabei wurden die Polizisten von weiteren Umherstehenden zunächst aggressiv bedroht, während der 56-jährige Vater des 18-Jährigen aus der Menge heraus einem der Beamten einen gezielten Faustschlag ins Gesicht verpasste.

Nun versuchten umstehende Personen den festgenommenen 18-Jährigen zu befreien und verletzten dabei auch den zweiten Polizisten. Erst mit weiteren Unterstützungskräften gelang es den Polizeibeamten die aufgebrachte, zeitweise bis zu 15-köpfige Personengruppe zurückzudrängen und den 18-Jährigen in den Streifenwagen zu bringen.

Unbeeindruckt hiervon griff der 56-Jährige erneut einen der Beamten an, bevor auch er schließlich in Gewahrsam genommen werden konnte. Beide alkoholisierten Männer müssen sich nun wegen verschiedener Gewaltdelikte strafrechtlich verantworten. Alle drei verletzten Polizeibeamten, von denen zwei nicht mehr dienstfähig waren, mussten sich ärztlich behandeln lassen.

Steigende Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft

Bereits bei geringfügigen polizeilichen Maßnahmen, wie beispielsweise der Klärung von Sachverhalten und Identitätsfeststellungen, sehen sich die Beamten oftmals respektlosem oder gar aggressivem Verhalten gegenüber. Zu den meisten Fällen von Gewalt gegen Polizisten kam es bei Festnahmen beziehungsweise Gewahrsamnahmen und Unterbringungen. Mit 81 Fällen sind auch die Übergriffe gestiegen, bei denen überhaupt keine polizeiliche Maßnahme vorausging.

Tatort meist öffentlicher Raum

Die meisten Attacken auf Polizeibeamte ereigneten sich im Jahr 2018 bei 319 Fällen im öffentlichen Raum, auf Straßen, Wegen und Plätzen. An privaten Örtlichkeiten, wie im Wohn-, Haus- und Gartenbereich, kam es zu 122 Übergriffen. 83 Fälle registrierte die oberfränkische Polizei in den Polizeidienststellen und 25 in Polizeifahrzeugen. Ein leichter Rückgang auf 18 Fälle zeichnete sich bei den genannten Delikten in Gaststätten und Diskotheken ab.

Beleidigungen und tätliche Angriffe an der Spitze

Im Jahr 2018 wurde im Strafgesetzbuch eigens der Tatbestand „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ eingeführt und damit der Schutz der Beamten gestärkt, indem Attacken auch schon bei der Vornahme allgemeiner Diensthandlungen, wie beispielsweise im allgemeinen Streifendienst, gesondert unter Strafe gestellt werden. Dieser neue Straftatbestand wurde im Jahr 2018 in Oberfranken 183-mal erfüllt.

Darüber hinaus beging das polizeiliche Gegenüber 104-mal den Straftatbestand „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ und es kam zu 27 gefährlichen und 32 (einfachen) Körperverletzungsdelikten zum Nachteil der Beamten. Drei Angreifer müssen sich nach Attacken auf Polizisten außerdem wegen versuchten Tötungsdelikten strafrechtlich verantworten.

Die meisten Fälle registrierte die oberfränkische Polizei jedoch bei den 291 zum Teil massiven Beleidigungen, die die Beamten von ihrem Gegenüber zu hören bekamen und auch hier den schwindenden Respekt gegenüber Polizeibeamten in der Gesellschaft verdeutlichen. Zusammengefasst belegen diese hohen Fallzahlen erneut, dass Beamte im polizeilichen Alltag stets mit einem steigenden Gefahrenpotential rechnen müssen.

Immer wieder Alkohol

Die 569 bei den Übergriffen ermittelten Tatverdächtigen mit überwiegend deutscher Staatsangehörigkeit setzen sich aus 481 Männern und 88 Frauen zusammen. Fast drei Viertel der Täter (397 Personen) hatten berauschende Substanzen zu sich genommen. Hiervon hatten über 80 Prozent der Tatverdächtigen Alkohol oft auch in Verbindung mit Drogen konsumiert.

Auf Grundlage des Lagebildes „Gewalt gegen Polizeibeamte“ werden die gewonnenen Erkenntnisse für Einsatzstrategien und -konzepte effektiv umgesetzt. Dass die oberfränkischen Polizeibeamten tätliche Übergriffe trotz ihrer hohen Anzahl überwiegend abwehren konnten, beziehungsweise die Angriffe oftmals glimpflich ausgingen, ist nicht zuletzt auch den aufwendigen Schulungsmaßnahmen im Bereich des polizeilichen Einsatztrainings zu verdanken.

Bei den stets weiter entwickelten Einsatz- und Schießmodulen werden die Beamtinnen und Beamten regelmäßig für Ernstfälle sensibilisiert und fortgebildet. Als Maßstab gilt, in unterschiedlichen Einsatzsituationen das mögliche Konflikt- und Gewaltpotential zu erkennen, um im Ernstfall angemessen darauf reagieren zu können.

Oberfrankenweite Einführung der Body-Cam im Herbst

Darüber hinaus setzt die oberfränkische Polizei auf die bereits bei einigen bayerischen Verbänden eingeführte Body-Cam, als weiteres Einsatzmittel für eine eskalationsfreie Einsatzbewältigung. Die deutlich erkennbare Möglichkeit einer Videoaufzeichnung kann zu einer höheren Hemmschwelle bei möglichen Tätern vor gewalttätigen Übergriffen gegen die Polizei beitragen. Die Auslieferung der Body-Cam an die oberfränkischen Polizeidienststellen ist im Herbst dieses Jahres geplant.