"Bisher üblich war selbst in schwierigsten Zeiten einer Regierung der Minimalkonsens, nicht mit der Opposition zu stimmen", sagte der Politologe Peter Filzmaier und zeigte sich damit zunächst eher skeptisch zu den Erfolgsaussichten des Ansinnens.
Und auch das Auftreten des designierten FPÖ-Chef Norbert Hofer schien dem Vorstoß der Liste "Jetzt" etwas Brisanz zu nehmen. Hofer gab sich bei mehreren Auftritten während des Tages ruhig, sachlich und konziliant. Damit knüpfte der 48-Jährige an den Stil an, der ihn schon im Wahlkampf um das Bundespräsidentenamt 2016 beinahe in die Hofburg gebracht hätte.
Hofer kündigte die Prüfung der FPÖ-Finanzen durch einen externen Wirtschaftsprüfer an, um jeden Verdacht auf illegale Parteienfinanzierung - wie er durch das Ibiza-Video entstanden war - zu zerstreuen. "Ich darf auch versprechen, dass es keinen Schmutzkübel-Wahlkampf geben wird. Ich stehe nicht dafür zur Verfügung", betonte Hofer.
Typisch für ihn: Im Gegensatz zu Strache lobte Hofer die Presse. Er schätze die Arbeit der Medien sehr. Eine bemerkenswerte Äußerung angesichts des Umstands, dass sein FPÖ-Weggefährte Strache nach Medien-Veröffentlichungen vor den Trümmern seines politischen Lebens steht. Nach einem Gespräch beim Bundespräsidenten betonte Hofer, dass sich die FPÖ ihrer staatspolitischen Verantwortung bewusst sei.
Am Abend aber überschlugen sich die Ereignisse. Kurz verkündete die Trennung vom umstrittenen FPÖ-Innenminister Herbert Kickl, die anderen FPÖ-Minister wollen nun das Kabinett verlassen, Rendi-Wagner setzte Kurz die politische Pistole an die Brust und will ihn und sein Team zugunsten eines Experten-Kabinetts abgesetzt sehen. Kickl setzte noch eins drauf. Er schloss ein Misstrauensvotum seiner Partei gegen den Regierungschef nicht aus. "Der Hausverstand sagt einem, dass es relativ schwer ist, von jemandem das Vertrauen zu verlangen, dem man gerade das Misstrauen ausgesprochen hat", drohte er im Gespräch mit der österreichischen Nachrichtenagentur APA.
Die Liste "Jetzt" bleibt jedenfalls bei ihrem Misstrauensantrag, über den voraussichtlich erst am Montag nach der EU-Wahl abgestimmt wird. Es werde "die Verantwortung des Bundeskanzlers bleiben, dass er Österreich in eine unmögliche und unrühmliche Lage manövriert hat", meinte Fraktionschef Wolfgang Zinggl. "Er ist durch die Koalition bewusst ein unnötiges und verantwortungsloses Risiko eingegangen."