Einen Plan B zurechtlegen
Zurück zum Flughafen LaGuardia? Einen anderen Ausweichflughafen suchen? Notwassern? „We may end up in the Hudson“ - „Wir könnten im Hudson enden“ hatte Sullenberger schon recht früh in der Kommunikation mit der Flugsicherung als eine Möglichkeit in Betracht gezogen und sich so schon einen Plan B zurechtgelegt.
Denn eines sei dem Piloten ebenfalls schon von Anfang an klar gewesen: Schafft er es nicht, die Maschine zu wenden und zum Startflughafen zurückzukehren, bedeutet das nicht nur seinen eigenen Tod, den seiner Crew und der Passagiere, sondern dann stürzt die Maschine in bewohntem Gebiet ab.
„Für schwierige Entscheidungen gibt es keinen Autopilot“, stellte Keil klar und entkräftete dadurch auch das Argument, dass die Rolle des Menschen beim Fliegen immer kleiner wird und vieles ja sowieso nur noch der Computer erledigt. Stattdessen sei es umso wichtiger, den Menschen die Angst davor zu nehmen, Verantwortung zu nehmen - und dadurch dann eben auch Entscheidungen zu treffen. „Verantwortung ist der Treibstoff für Erfolg“, sagte Philip Keil.
Dabei gehe es gar nicht einmal darum, schon von Grund auf fehlerfrei unterwegs zu sein. Das sei selbst in der Fliegerei nicht möglich. Statistisch passiere etwa alle vier Minuten an Bord eines Flugzeugs ein Fehler, erklärte der Experte. Wichtiger sei jedoch, wie mit Fehlern umgegangen werde.
Jedes Flugzeugunglück der vergangenen Jahrzehnte sei nicht die Folge eines einzelnen Fehlers gewesen, sondern die einer ganzen Fehlerkette. „Es geht darum, die Fehler frühzeitig zu erkennen, sie abzustellen und daraus zu lernen“, sagte Keil. Das Ziel müsse auch sein, Fehler offen anzusprechen.
Zurück zu Sullenberger: Der lag mit seiner Entscheidung, eine Notwasserung zu riskieren, goldrichtig. Spätere Simulationen hätten gezeigt, dass es anderen Piloten erst nach 17 Versuchen gelungen sei, wieder in LaGuardia zu landen - und das, obwohl die Testpiloten wussten, was auf sie zukommt, ohne die Anspannung und die Angst um das eigene Leben. „Schwierige Entscheidungen gehen weit über das Rationale hinaus“, sagte Keil.
Nicht als Einzelkämpfer unterwegs sein
Für die Vertreter der Wirtschaft hatte Keil vor allem den Rat aus der Fliegerei parat, nicht als Einzelkämpfer unterwegs zu sein. „Im Flugzeug überlegt man als Team, wie man mit schwierigen Situationen umgeht“, sagte Keil. Dem trage auch die Entwicklung Rechnung, dass in Cockpits Hierarchie mittlerweile weniger aus bestimmten Positionen wie der des Kapitäns oder des Ersten Offiziers erwachse, sondern aus den Rollen, der Menschen im Flugzeug.
Patrick Püttner, Bezirks-Geschäftsführer der VBW in Oberfranken sieht ebenfalls Parallelen zur Wirtschaft. „Zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit brauchen wir eine gesunde Fehlerkultur“, sagte er. „Diese ist unabdingbar, um Innovationen hervorzubringen.“