Pegnitzerin angeklagt Prozess um Messereinsatz gegen Hals

Manfred Scherer
Milde davon gekommen ist eine Frau in einem Prozess um gefährliche Körperverletzung. Foto: Archiv/Scherer

Sechs Pegnitzer Polizisten müssen einschreiten, um diesen Familienstreit zu befrieden: Eine Frau gegen zwei Männer. Sie wütet wie eine Furie. Zwei brisante Details bringen die Frau vor Gericht. Ihr droht Gefängnis.

 
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Es ist der 2. April, abends kurz nach 21 Uhr. In der Einsatzzentrale der Polizei in Bayreuth klingelt das Notruftelefon. Das Gespräch wird wie alle Notrufe aufgezeichnet. Anrufer ist ein aufgeregter junger Mann: „Bitte kommen sie, die Frau von meinem Vater ist völlig ausgetickt.“ Im Hintergrund hört man Geschrei und Gepolter. Der junge Mann sagt seinen Namen und sein Alter: „19“. Und er sagt: „Sie ist verletzt, weil ich ihr eine reingehauen hab’.“

Die Frau des Vaters, nicht die Mutter des Anrufers, war tatsächlich im Krankenhaus, knapp eine Woche, sagt sie, und auch ihr Lebensgefährte bestätigt das; psychische und körperliche Probleme habe die 35-Jährige.

Die Person aus dem Streittrio, die im April im Krankenhaus landete, steht nun als Angeklagte vor Gericht. Was ist da passiert? Das erste wichtige Detail hört man beim Vorspielen des Notrufs im Gerichtssaal des Bayreuther Strafrichters Roland Köhler. Der Anrufer sagt nämlich: „Sie ist mit dem Messer auf uns losgegangen.“

Unter offener Bewährung

Das zweite wichtige Detail kommt erst während des Prozesses auf den Tisch: Die 35-Jährige ist wegen Körperverletzung vorbestraft und steht unter offener Bewährung. Die aktuelle Anklage ist eine große Gefahr für sie, denn: Die Staatsanwaltschaft hat sie wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Sie soll ihren Lebensgefährten mit dem Messer am Hals verletzt haben.

Und wirklich: Richter Köhler zeigt Polizeifotos. Der Lebensgefährte hat Striemen am Hals. Das Foto der Angeklagten dokumentiert ein blaues Auge, verursacht durch den Sohn, der seinen Vater verteidigte.

Doch hat er die Verlobte seines Vaters auch zurecht beschuldigt? Die Angeklagte selbst sagt: „Ich hatte nie ein Messer in der Hand.“ Es habe einen Streit gegeben, weil ihr Verlobter am Handy Textnachrichten mit einer jungen Frau geschrieben habe. Der Streit sei ausgeartet. Und ja, sie habe ihren Verlobten verletzt. Aber mit den Fingernägeln.

Messer oder Fingernägel?

Ihr 43-jähriger Freund verzichtet auf sein Aussageverweigerungsrecht als Verlobter. Und entlastet die Angeklagte: „Ein Messer war nicht im Spiel. Es waren ihre Fingernägel.“ Seine Freundin sei extrem eifersüchtig, man sei damals eingeladen gewesen. Sowohl er selbst, seine Freundin und auch sein Sohn hätten kräftig dem Alkohol zugesprochen.

Was war nun mit dem Messer? Sechs Pegnitzer Polizisten stürmten nach dem Notruf die Wohnung, fanden das Messer in der Küche. Ort der Auseinandersetzung war aber das Wohnzimmer, bekräftigt der Verlobte. Ein Polizist sagt auf Nachfragen der Staatsanwältin Kathrin Hecht: Blutspuren seien nicht am Messer gewesen, untersucht worden sei es auch nicht.

Blieben Frage an den Belastungszeugen. Doch der 19-jährige Sohn hat es vorgezogen, nicht als Zeuge vor Gericht zu erscheinen. Schon bei der Polizei hatte er sich auf einen „Blackout“ berufen. Und Strafrichter Köhler verweist auf das dritte Detail in der Notrufaufzeichnung. Das sagt der Anrufer auch: „Sie hat meinem Vater den ganzen Hals aufgekratzt.“

Für den Richter alles in allem nun „sehr milde Umstände“, die eine Einstellung des Verfahrens rechtfertigen könnten. „Aber nur gegen eine Auflage“ beharrt die Staatsanwältin.

Die so davon gekommene 35-Jährige und ihr Verteidiger Hans-Walter Hofmann akzeptieren eine Arbeitsauflage von 60 Stunden.

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