Alltagsbeschreibungen aus der Zeit zu finden, sei äußerst schwer, sagt Sebastian Ristow vom Archäologischen Institut Köln. Das frühe Christentum ist einer seiner Forschungsschwerpunkte. Die frühen Beschreibungen der Kirchenväter seien aus deren Blickwinkel geschrieben und gäben sicher ein Bild. Er sei nicht überrascht, dass auch die ersten Christen am politischen Leben teilnahmen. "Das dürfte nicht anders gewesen sein als heute", meinte er. Manche Leute hätten sich tief religiös abgekapselt, andere nicht. "Es ist natürlich spannend, wenn man das jetzt dokumentiert findet", sagte er.
Dass der Absender Christ ist, zeige das Grußwort am Ende. "Ich bete, dass es Dir gut geht - im Herrn", schreibt Arrianus. Der Zusatz "im Herrn" beweise die christliche Gesinnung des Schreibers. Auch der Name des Angeschriebenen sei aufschlussreich. "Paulus ist ein zu dieser Zeit äußerst seltener Name und wir dürfen daraus ableiten, dass die im Brief genannten Eltern bereits Christen waren und ihren Sohn schon um 200 nach Christus nach dem Apostel benannt hatten." Damit beweise der Brief auch, dass das Christentum zu der Zeit bereits das ägyptische Hinterland erreicht hatte, so Huebner.
Der Brief gehört zu einem Archiv mit etwa 1000 Papyri, das vor mehr als 100 Jahren in Fayum in Ägypten gefunden wurde. Daraus seien erst rund 400 Papyri editiert: "Wir wissen nicht, was in den anderen 600 steht". Es fehlten Experten, die Altgriechisch lesen, die Schrift entziffern, die Texte transkribieren, übersetzen und in den richtigen Zusammenhang einordnen könnten. Weltweit warteten noch Hunderttausende von Papyri aus dem ägyptischen Wüstensand auf ihre Entschlüsselung.