Zu über 50 Prozent besteht Lettland aus Wald, weshalb die Holzwirtschaft eine besondere Rolle spielt, sagt Liva Melbarzde, die Pressechefin der Deutsch-Baltischen Handelskammer in Riga, im Gespräch mit unserer Zeitung. Erst kürzlich seien Forstexperten aus Bayern in Lettland gewesen, um sich über die Digitalisierung dieser Branche zu informieren. Die baltischen Länder sind, was die Digitalisierung angeht, Deutschland oft voraus. Und so will auch Lettland künftig mehr IT-Dienstleistungen ins Ausland verkaufen.
Das Land übt sich im Spagat zwischen dem Verkauf von Rohstoffen (Holz, Torf, Sand, Kalkstein), landwirtschaftlichen Produkten (Fisch, Milch, Gemüse, Getreide) und neuer Technik (IT, Sensortechnik, Pharmaprodukte, Erneuerbare Energien), die mehr Wertschöpfung verspricht.
Eine große Biertradition verbindet Lettland mit Bayern und Franken. Liva Melbarzde: „Es gibt in Lettland 59 Bierbrauereien, davon 55 kleine Brauereien.“ Das modern gewordene Craft Beer muss man also in Lettland nicht neu erfinden. Für den Ausbildungsbereich der Brauer sieht Melbarzde zwischen Baltikum und Bayern noch „gutes Entwicklungspotenzial“.
Schwieriges Verhältnis zu Moskau
Die Sowjetvergangenheit des kleinen EU-Staates ist vielerorts zu spüren. Kein Wunder: 25 Prozent der Bevölkerung sind Russen, 62 Prozent Letten. Der Rest entfällt auf Weißrussen, Ukrainer, Polen. Russisch oder Deutsch kann in der Schule als zweite Fremdsprache nach Englisch gewählt werden.
Das Verhältnis zu Moskau ist schwierig. Melbarzde: „Wir schauen mit ziemlich großer Angst Richtung Russland.“
Ins Zwielicht geraten sind schon seit längerer Zeit die lettischen Banken, nachdem bekannt wurde, dass bei einem der größten Geldwäschefälle der Geschichte 22 Milliarden Dollar aus Russland über Banken in Lettland und Moldau ins Ausland verschoben worden sein sollen.
Eine zentrale Figur der Gruppe soll ein leitender Manager der lettischen Bank Trasta Komercbanka (TKB) gewesen sein, die 2016 wegen langjähriger krimineller Geschäfte von der Bankenaufsicht in Riga abgewickelt worden war. Das Geld kam von Moldau über Lettland in die EU, wo Immobilien, Luxusgüter und andere Güter gekauft wurden.
Der Ruf der lettischen Banken hat stark gelitten. Mit hoher Priorität würden sie daran arbeiten, ihren guten Ruf zurückzubekommen, gibt sich Liva Melbarzde überzeugt.
Und die drei baltischen Staaten, wie arbeiten die zusammen? Ja, man wolle schon als eine Region wahrgenommen werden. „Aber es funktioniert oft nicht.“