„Nur noch hier, weil ich heimattreu bin“: Immer mehr Betriebe investieren im Ausland, allerdings kommt es auf die Branche an Wirtschaft: Warum noch daheim investieren?

Von Sarah Bernhard

Geschäfte im Ausland werden laut einer Studie für bayerische Betriebe immer attraktiver. So attraktiv, dass manche nur noch aus Heimatverbundenheit in der Region produzieren. Allerdings muss man genau hinschauen. Denn das Auslandsgeschäft boomt nur in bestimmten Bereichen. Und ist nicht immer das Wahre.

 
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Frenzelit-Geschäftsführer Wolfgang Wagner wirbt mit Plakaten für das neue Werk in North Carolina (USA). Foto: red Foto: red

Wolfgang Wagner geht immer dahin, wo er Geschäfte machen kann. Und das ist im Moment nicht in Deutschland. Sondern in Indien, Russland, den Vereinigten Arabischen Emiraten – und vor allem in den USA. „Dort gibt es einen riesigen Markt“, sagt Wagner, der Geschäftsführende Gesellschafter der Frenzelit Werke Bad Berneck. „Und Amerika deindustrialisiert im Gegensatz zu Deutschland nicht.“ In einigen Tagen wird er zur offiziellen Einweihung eines neuen Werkes nach North Carolina fliegen.

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80 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete das Unternehmen, das unter anderem Dichtungen und Kompensatoren herstellt, im vergangenen Jahr. Rund 60 Prozent davon im Ausland. Damit liegt Frenzelit im bayerischen Trend: Jedes zweite Industrieunternehmen im Freistaat hatte 2015 mindestens einen Standort im Ausland, jeder dritte Betrieb erwägt, künftig im Ausland zu produzieren. Das ergab eine Umfrage der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) unter 150 Unternehmen.

Zwei Monate Lieferzeit "sind einfach zu lang"

Auch Medi hat Niederlassungen in anderen Ländern. 19 Stück insgesamt. Und ebenfalls ein Werk in North Carolina. Weil der Markt für Gesundheitsprodukte in den USA wächst, sagt Medi-Sprecherin Miriam Schmitt. Und weil die Auslieferung einfach schneller gehe, wenn man vor Ort produziert. „Wenn ich ein Produkt mit der Seefracht nach Amerika schicke, dauert das zwei Monate“, sagt Wagner in Bad Berneck. „Das ist einfach zu lange.“

Viele Länder sind noch aus anderen Gründen attraktiver als Deutschland: Der Strom ist oft billiger, Lohnnebenkosten, Steuern und bürokratische Hürden sind deutlich niedriger. Jedes fünfte Unternehmen denkt laut VBW deshalb sogar darüber nach, seine Produktion ganz dorthin zu verlagern.

"Wir produzieren nur noch hier, weil ich heimattreu bin"

So weit wollen aber weder Frenzelit noch Medi gehen. Obwohl Frenzelit-Chef Wagner sagt: „Wir produzieren nur noch hier, weil ich heimattreu bin. Und weil ich hier sehr fähige, treue Mitarbeiter habe.“ Rund 350 der 500 Beschäftigten arbeiten in der Region. Auch Medi-Sprecherin Schmitt sagt: „Bayreuth bleibt unser Hauptsitz.“ Sie führt als Begründung ebenfalls die gut ausgebildeten Fachkräfte an. Und sagt: „,Made in Germany‘ steht für Qualität und hat auf ausländischen Märkten einen hohen Stellenwert.“

Ausland sei aber nicht gleich Ausland, sagt Wolfgang Wagner. Während in den USA hohe Rechtssicherheit herrsche, die Sprache bekannt sei und die Mentalität der deutschen ähnelte, sei das in Russland schon schwieriger. „Da war ich immer vom Dolmetscher abhängig.“

Viel Bürokratie in den Vereinigten Arabischen Emiraten

Und in den Vereinigten Arabischen Emiraten sei es schon enorm kompliziert, ein Konto zu eröffnen. „Es gibt dort eine Menge bürokratischer Hindernisse.“ Investitionen lohnten sich in solchen Ländern also nur, wenn der dortige Markt deutlich höhere Gewinnmargen biete als der deutsche. Frenzelit beliefert unter anderem die Erdölindustrie.

Nicht nur das Zielland entscheidet aber darüber, wie attraktiv eine Investition ist. Sondern auch die Branche, in der ein Unternehmen tätig ist. Die Studienergebnisse der VBW etwa gelten nur für Industriebetriebe. Die IHK Bayreuth befragt bei ihrer Konjunkturumfrage auch den Einzel- und Großhandel sowie Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor. Und kommt zu einem völlig anderen Ergebnis: „Rund zwei Drittel der befragten Unternehmen planen für das kommende Jahr keine Investitionen im Ausland“, sagt Hauptgeschäftsführerin Christi Degen. Keine Investitionen im Inland zu tätigen, planen hingegen nur 14 Prozent.

Kabel verlegen in Tschechien

Und auch Rainer Beck, Geschäftsführer der Handwerkskammer Bayreuth sagt: „Wenn Handwerksbetriebe aus der Region im Ausland aktiv sind, dann erbringen sie in der Regel kleinere Dienstleistungen.“ Verlegten also beispielsweise Kabel oder Rohre in Tschechien.

Zu einem weiteren Trend, den die VBW-Forscher ausgemacht haben, passt das dennoch. Denn auch wenn die riesigen Wachstumsmärkte in den USA und Asien liegen: 57 Prozent der Auslandsgewinne kommen immer noch aus den übrigen EU-Ländern.