Neurologenstreit Es bleibt Ungewissheit, gepaart mit Angst und Wut

Leserbrief von Julia Büttner, Aufseß

Leserbrief zur Berichterstattung über den Neurologenstreit am Klinikum Bayreuth.

 
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Die Weihnachtszeit sollte eine besinnliche und fröhliche, manchmal, im Geschenkestress, auch eine hektische Zeit sein. Man besinnt sich und blickt auf das vergangene Jahr zurück. In meiner Familie ist es diese Jahr leider eine Zeit von Angst und Wut – leider!

Angst vor dem, was uns in nächster Zeit mit unserem Kind erwartet und Wut darüber, was im letzten Jahr alles geschehen ist. Und was wir – Eltern epilepsiekranker Kinder – trotz Einsatzes all unserer Kraft, die wir aufbringen konnten und trotz Unterstützung vieler Politiker, nicht verhindern konnten. Es ist zu viel geschehen, um es einfach im Sande verlaufen zu lassen!

Klinikum Bayreuth, Oberbürgermeisterin und Landrat sind sicherlich froh, dass Ruhe einkehrt. Man ist die beiden Ärzte losgeworden, obwohl diese vor Gericht in erster Instanz recht bekommen haben. Endlich keine ständigen Gespräche mit betroffenen Eltern und engagierten Politikern mehr. Endlich wieder gute Presse im Nordbayerischen Kurier. Endlich kein Stern-Reporter mehr, der in der Klinik recherchiert und Missstände aufdecken will. Und einen kritischen Aufsichtsrat, der hinterfragt, ist man auch noch losgeworden.

Und das alles zum Leidwesen der betroffenen Familien.

An der Stelle von mehr als hundert jungen Patienten und deren Familien sitzt die Ungewissheit mit unterm Christbaum, wie es weitergeht, denn die Epilepsie besteht weiterhin und unsere Kinder sind wohnortnah nicht adäquat versorgt. Wir hoffen einfach, dass die durch Medikamente gut eingestellte Phase lange andauert. Was uns bevorsteht ist nun (wieder) ein Spießrutenlauf, um den richtigen Behandler und die beste medikamentöse Einstellung zu finden. Denn die Beschäftigung der Ärztin in Weiden ist nun zu Ende. Dafür nehmen wir teils weite Strecken und lange Fahrten in Kauf – mehrmals im Jahr, mancher sogar mehrmals im Monat. Eine enorme Belastung für unsere Familien und vor allem unsere kranken Kinder. Auch wenn ein Arzt, der in Bayreuth als Neuropädiater tätig ist, mit allen Kräften betroffenen Familien in seiner Kinderarztpraxis hilft, kann er nicht alle unsere Kinder behandeln. Es ist schlichtweg auch nicht möglich, die verschiedensten EEG-Untersuchungen in einer gut frequentierten Kinderarztpraxis durchzuführen.

Auf eine Anfrage beim Klinikum Bayreuth wurde uns mitgeteilt, dass eine Kooperation mit dem Klinikum Amberg besteht. Und trotzdem werden Kinder akut eingeliefert und ohne Neuropädiater eingestellt. Der Kooperationsvertrag sichert lediglich die Möglichkeit der Abrechnung ab. Ein Mediziner, der die Kinder weiterbehandelt, schüttelt über Arztbriefe und Vorgehen nur den Kopf.

Diese Situation ist maßgeblich durch die Politiker und den Geschäftsführer des Klinikums Bayreuth entstanden, die sich leider mehr für die Wahrung ihrer Ordnung und ihres Ansehens interessiert haben als für das Wohl Hunderter Kinder. Bis heute kam keine Entschuldigung auf den Vorwurf, dass sich die beiden Klinik-Ärzte schwer strafbar gemacht hätten.

Das Gericht hat dies in seiner Urteilsbegründung eindeutig widerlegt und den Ärzten recht gegeben. Nur der Druck eines langen, teuren und kräftezehrenden Prozesses hat die beiden dazu gebracht, sich schlussendlich doch auf eine Einigung einzulassen. Kaum zu ertragen für uns Betroffene war die Berichterstattung im Kurier. In den meisten Fällen wurde sehr einseitig und teils überspitzt berichtet und nach der Urteilsverkündung gar nicht mehr.

Die Artikel im Stern vom Oktober 2018 und der Süddeutschen Zeitung blieben unerwähnt. Sollte nun der Gedanke aufkommen, dass wir Eltern epilepsiekranker Kinder als „Fanclub“ fungieren, so kann ich ihnen – entgegen der Vorwürfe – versichern, dass wir uns als erwachsene Menschen nicht instrumentalisieren lassen. Wohin unsere Reise mit unseren kranken Kindern für uns nun geht, ist fraglich, denn zwei hochqualifizierte Fachleute sind für uns nicht mehr als behandelnde Ärzte verfügbar. Es bleibt uns nur die Ungewissheit, gepaart mit Angst und Wut.