Bayreuth -
Neue Wohnformen, die die Bedürfnisse der älteren Generation berücksichtigen, werden in der älter werdenden Gesellschaft zunehmend ausprobiert. In Bayreuth gründet sich nun Lena. Mitwohner werden gesucht.
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Von Peter Rauscher
Sie wollen ihr Leben im Alter zusammen bunt und vielfältig gestalten, eine neue Wohnform ausprobieren und suchen Gleichgesinnte zum Mitmachen: Sieben Bayreuther haben sich zusammengetan, um das zu verwirklichen, wovon viele andere nur reden. Ein Wohnprojekt, das es so in Bayreuth bislang noch nicht gibt. Lena - die Abkürzung steht für „lebendige Nachbarschaft“. Der Startschuss steht unmittelbar bevor.
Einer der sieben ist Günter Bergmann. Der heute 77-jährige Pensionär ist vor knapp drei Jahren Witwer geworden. Er habe damals vor der Wahl gestanden: Künftig allein leben, zur Tochter in eine andere Stadt ziehen oder in ein Seniorenheim gehen, sagt er dem Kurier. „Keine der Lösungen war für mich optimal.“ Bergmann ist Mitglied in der Seniorengenossenschaft Jung und Alt zusammen in Bayreuth Stadt und Land (Jaz) und sprach über seine Situation mit Jaz-Vorstand Gerhard Krug. Die Idee eines gemeinsamen Wohnprojekts entstand. Im Herbst 2019 gab es mit Unterstützung der Stadt ein erstes Treffen von rund 30 Interessenten in der Bürgerbegegnungsstätte, beim Folgetreffen waren es noch 15. Allmählich bildete sich eine Gruppe heraus, die sich regelmäßig traf. „Wir haben uns einfach auf den Weg gemacht, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen“, sagt Bergmann.
Über persönliche Bekanntschaften entstand der Kontakt zu Markus-Patrick Keil, einer der Vorstände der Gemeinnützigen Bayreuther Wohnungsbaugenossenschaft (GBW). Der zeigte sich aufgeschlossen. „So ein Wohnprojekt gibt es bisher nicht in Bayreuth. Das ist auch für uns als Genossenschaft interessant. Diese Wohnform hat Zukunft, weil man so auch im Alter in der eigenen Wohnung bleiben kann und nicht vereinsamt.“
Manuela Brozat, Sozialreferentin der Stadt Bayreuth findet, die Gründung der Seniorenhausgemeinschaft von Lena „bietet die Chance, gute Lebensbedingungen wie Barrierefreiheit, Versorgung, Teilhabe im Wohnumfeld passgenau einzubinden“. Die Stadt unterstütze gerne im Rahmen der Quartiersentwicklung, etwa durch Schaffung von Begegnungs- und Anlaufstellen, Ausbau von Beratungs- und Unterstützungsstrukturen. „Letztendlich kommt dies allen Generationen zugute.“
So wird eines der drei Häuser, die die GBW am Stuckberg zwischen Brahmsstraße und Mozartstraße bauen will, nun für das Projekt Lena reserviert. Jedes der dreigeschoßigen Häuser hat zwölf Wohnungen mit barrierefreien Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen zwischen 45 und 71 Quadratmetern. Die Baugenehmigung wird demnächst erwartet, danach soll es möglichst bald mit dem Abriss der alten und dem Bau der neuen Häuser losgehen, sagt Keil. Die Fertigstellung ist für Ende 2022/Anfang 2023 angepeilt. Der Mietpreis steht noch nicht fest. Offen ist auch noch, ob die Mieter als Einzelpersonen oder Lena als Gesamtes Genossenschaftsmitglied bei der GBW werden. Keil erwartet einen Kaltmietpreis von gut neun Euro pro Quadratmeter, hinzu kommen noch die Nebenkosten.
Lebendige Nachbarschaft, das kann heißen: Gemeinsam frühstücken, Gymnastik, Spieleabende Literaturkreise, Ausflüge, Kino, Theater, Geburtstage oder andere Feiern und vieles mehr. Jeder Mieter hat seine eigene abgeschlossene Wohnung. Eine der zwölf Wohnungen im Haus bleibt für Gemeinschaftsunternehmungen oder Übernachtungsgäste frei. „In Gemeinschaft frei, aber nicht alleine sein, bei größtmöglicher Autonomie des Einzelnen“ – das haben sie als Ziel formuliert. Die Sieben, die sich bereits gefunden haben, suchen jetzt noch Gleichgesinnte bis Ende 60, damit alle elf Wohnungen in dem Haus belegt werden können. Das Haus wird frei finanziert, wer dort wohnen darf, bestimmt die Hausgemeinschaft Lena selbst. „Ganz wichtig ist, dass die Wellenlänge stimmt, dass gemeinsame Interessen und die Bereitschaft zum gemeinsamen Leben bestehen“, sagt Bergmann. „Wir wollen hochaktiv sein und viel unternehmen, aber uns auch gegenseitig unterstützen, wenn es mal schwierig wird.“
Wer mitmachen will, solle sich erst mal die Homepage von Lena ansehen und die dort gestellten Fragen für sich beantworten, sagt Bergmann. Dann könne man Kontakt aufnehmen. In Corona-Zeiten ist das nicht so einfach, die Lena-Mitglieder können sich derzeit nur virtuell über Zoom treffen, sagt Bergmann. „Aber wir können uns ja bei Spaziergängen unterhalten und kennenlernen.“ Und gleich mal ausprobieren, wie sich das anfühlt: lebendige Nachbarschaft
Info: Lena im Internet: https://lena-bayreuth.de
GBW
Die Gemeinnützige Bayreuther Wohnungsbaugenossenschaft wurde 1934 gegründet, hat etwa 2100 Genossenschaftsmitglieder und verfügt über rund 1450 Wohnungen in Bayreuth.