Neue Kurier-Serie „Einöden“: Nicht immer an die moderne Infrastruktur angeschlossen Wohnen ohne Nachbarn

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Wie ist es, in einer Einöde zu wohnen? Allein auf weiter Flur, keine Nachbarn, ein Stück weit auf sich selbst angewiesen. Rund 100 dieser Anwesen – eine Ansiedlung aus ein bis zwei alleinstehenden Wohngebäuden – gibt es im südlichen Landkreis sowie Auerbach, Schlammersdorf und Kirchenthumbach. In jeder Wochenendausgabe widmet sich der Kurier in den nächsten Wochen einer dieser Einöden, stellt die Bewohner und ihr Leben dort vor.

 
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Vier Generationen leben auf der Einöde der Familie Bauer in Haaghaus. Neben Wilhelm Bauer sind das Martha und Hans-Günther Bauer, Matthias und Stefanie Bauer mit der ihrer Tochter Hannah. Foto: Ralf Münch Foto: red

„Die Einöde ist die am wenigsten stabile Lebensform“, sagt Bezirksheimatpfleger Günter Dippold. Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurde diese Ansiedlungsart aufgegeben. Die dazugehörigen Äcker gingen an Nachbarn. Noch bis vor 50 Jahren gab es nicht überall einen Strom- und Wasseranschluss, die Versorgung war oft schlecht. Auch heute ist das bei manchen Einöden noch so. „Das ist schon eine besondere Art zu wohnen“, sagt Dippold, der es für sich selbst zwar als Urlaub oder Rückzugsort mal vorstellen kann. Aber dort wohnen möchte er eher nicht. „Es ist schon kein schlechtes Gefühl zu wissen, dass jemand für den Notfall in der Nähe wäre“, ist seine Ansicht.

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Ansiedlung regional unterschiedlich

Anfang des 18. Jahrhunderts waren Einöden keiner Gemeinde explizit zugeordnet, erklärt Dippold. Und sie waren auch nicht gleichmäßig verteilt. Ihre Ansiedlung ist regional unterschiedlich, im Osten des Landkreises sind es mehr, im Westen eher weniger. Das gehe wahrscheinlich auf die topographischen oder traditionellen Gegebenheiten beziehungsweise die herrschaftliche Politik zurück. Oft seien Einöden aus der Notwendigkeit heraus entstanden. Wenn zum Beispiel eine Mühle gebraucht wurde, mussten die landwirtschaftlichen Gegebenheiten dafür passen. Einöden wurden nicht zwingend dort angesiedelt, wo einmal ein Ort entstehen sollte.

Häufig hatten sie auch funktionellen Charakter, erläutert der Bezirksheimatpfleger, wenn beispielsweise Dienstsitze für Jagd- und Forstgebiete gebraucht wurden. „Gebraucht wurde immer etwas“, sagt Dippold. Heute ist dieser hochherrschaftliche Wille kaum noch nachvollziehbar. Manchmal sind Einöden aber auch Reste von Weilern - Wohnsiedlungen aus wenigen Gebäuden, die kleiner als ein Dorf sind. Dippold erklärt das mit der extremen Landflucht im späten Mittelalter. Es gab Neuansiedlungen von Dörfern, die Weiler wurden abgesiedelt oder ganz aufgelöst. Übrig blieben einzelne Anwesen.

Der Gutshof blieb stehen

Einöden seien aber auch aus den kleinbäuerlichen Anwesen der Tagelöhner von großen Gutshöfen entstanden. Im 13. Jahrhundert habe es einen Umbruch gegeben: Es entstanden Dörfer, die Kleinanwesen fielen weg und der Gutshof blieb alleine stehen.

Mehr zersiedelte Gehöfte im Süden von Bayern hat Stephan Scholz vom Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in Bayreuth festgestellt. Anhand von aktuellen Vermessungskarten, die er in digitaler Form über die Urkarten von 1805 legt, ist zu erkennen, dass sich die Anzahl der Einöden von damals zu heute kaum verändert hat. Als ein eigener Bereich aber seien Einöden nicht in den aktuellen Karten bislang aufgenommen, sondern der jeweiligen Gemeinde, zu der sie gehören, zugeordnet. Scholz geht aber davon aus, dass in rund 50 Jahren auch Weiler und Einöden eigens vermessen in den Katastern auftauchen werden.