Nest muss umziehen In Pegnitz ist der Storch los

Seit zwei Tagen bauen zwei Störche in Pegnitz fleißig an ihrem Nest – doch dort können sie nicht bleiben. Wenn sie nicht schnell einen neuen Platz finden, ist ihr Nachwuchs in Gefahr.

 
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Immer wieder bleiben Menschen stehen und blicken gebannt nach oben. Weil die Sonne vom tiefblauen Himmel strahlt, müssen sie die Augen zusammen kneifen, um nicht geblendet zu werden. Ihre Aufmerksamkeit gilt einem Storchenpaar, das auf einem Schornstein, unweit der evangelischen Kirche in Pegnitz, ein Nest aus schwarzen Stöcken und Zweigen baut.

Ein Mann tritt aus dem Seifen-Laden, der sich schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite befindet. „Sind sie von der Presse?“, fragt er und richtet seinen Blick nach oben. Er berichtet davon, dass er die beiden Störche schon zwei Tage lang beobachtet. „Da haben sie begonnen, ihr Nest zu bauen“, erzählt er. Er habe bereits überlegt, eine Webcam zu installieren, damit jeder sie im Internet sehen kann.

Ladenbesitzer setzen sich für Störche ein

„Leider ist das ziemlich teuer. Bis zu dreitausend Euro muss man rechnen, möchte man eine gute Qualität haben“, berichtet der Mann, der sich als Hermann Walz vorstellt. Deshalb sei er derzeit auf der Suche nach Sponsoren, die seine Idee unterstützen würden. Er habe es bereits bei der Stadt versucht, dort aber noch keinen erreicht. Seine Frau, die Inhaberin des Ladens, erzählt, dass sie einen von beiden schon im Winter immer wieder auf dem Schornstein gesehen hat. „Bei Eiseskälte und Schneefall war er dort oben gestanden“, erinnert sich Lucina Hippe. Ob sie dort bleiben dürfen, kann keiner von beiden sagen. Vielleicht wisse ja die Inhaberin des Schreibwarenladens gegenüber mehr.

Landesbund für Vogelschutz weiß Rat

Vor dem Laden steht eine junge Frau zusammen mit ihrer Mutter. Kritisch prüfen die beiden die Auslage im Schaufenster, begutachten das Ergebnis ihrer Dekoration. Angesprochen auf das Vogelpaar beginnt Annette Löhr, die jüngere von beiden, zu erzählen: „Ich habe schon mit dem Landesbund für Vogelschutz und der Unteren Naturschutzbehörde in Bayreuth telefoniert“, berichtet sie. Sie zeigt den Ausdruck einer E-Mail, sie hatte ihn sofort griffbereit: „Da die Saison schon fortgeschritten ist, ist anzunehmen, dass die Störche möglichst schnell ihr Nest bauen wollen“, steht auf der Antwort des Landesbunds für Vogelschutz. Solange das Nest noch nicht fertig sei, und die Storchendame noch keine Eier gelegt hat, wäre ein Umzug kein Problem. Doch das könne bereits in wenigen Tagen der Fall sein. Glücklicherweise habe ihr Nachbar, der ebenfalls einen Laden besitzt, angeboten, dass die Störche stattdessen auf seinem Dach brüten dürfen. Das Problem ist nur: Wie hilft man Störchen beim Umzug?

Kann der Stadtbauhof oder die Feuerwehr helfen?

„Ich könnte mir vorstellen, dass der städtische Bauhof und die Feuerwehr dabei helfen könnten, das vorhandene Nest zu entfernen und eine Nisthilfe auf das Dach des Nachbarn zu platzieren“, meint die Junior-Chefin des Schreibwarenladens. Sie habe bereits Wolfgang Nierhoff, den Bürgermeister von Pegnitz, gefragt, ob das möglich ist. „Ich warte noch auf den Rückruf. Hoffentlich klappt es noch rechtzeitig“, sagt sie.

Nur wenige Meter entfernt, sitzt Thomas Koukal in seinem Laden und blättert in einem Bestellkatalog. Als er auf die Storche angesprochen wird, blickt er auf und erscheint sofort hellwach. „Auf meinem Schornstein können sie zwar nicht brüten, da darüber meine Belüftungsanlage läuft.“ Aber auf seinem Dach sei noch jede Menge Platz. „Schließlich hat es über Hundert Jahre gehalten, da richten die Störche auch keinen Schaden mehr an – zumindest weniger als Raben oder Tauben“, meint er. Es ist ihm anzumerken, dass auch ihm die Störche am Herzen liegen. „In Auerbach und Forchheim hat es auch geklappt, für Störche ein neues Zuhause zu finden – dann dürfte es in Pegnitz doch auch kein Problem sein“, betont er. Schließlich würden Störche immer viele Menschen anziehen. „Wir beschweren uns immer, dass wir in der Stadt keine Tourismusattraktion haben. Jetzt hätten wir eine“, sagt Koukal.

Stadt Pegnitz will helfen

Als Wolfgang Nierhoff den Anruf annimmt, scheint er gerade unterwegs zu sein. Im Hintergrund sind vorbeifahrende Autos und zwitschernde Vögel zu hören. Seine Stimme klingt, als wäre er gerade zu Fuß auf dem Weg zu einem Termin. „Wir haben bereits mit dem Landratsamt und dem LBV telefoniert“, berichtet er.

Natürlich wisse er von der Situation mit den Störchen. Ja, er habe bereits davon gehört, dass die Zeit drängt. Allerdings: „Das Problem ist, auf die Schnelle eine geeignete Nisthilfe zu finden“. Es sei nicht so einfach, das in kurzer Zeit zu bewerkstelligen. Sollte es gelingen, könnten das städtische Bauamt oder die Feuerwehr bestimmt helfen. „Störche sind ja schöne Tiere, die keinen großen Schaden anrichten. Da helfen wir natürlich gerne, wenn es möglich ist“, betont Nierhoff.

Storch kommt aus Bad Windsheim

Es bleibt spannend über den Dächern von Pegnitz. Die nächsten Tage werden entscheidend sein, ob das Storchenpaar ihre Küken ausbrüten können – und vor allem, auf welchem Dach. Eigentlich hätten sie ein ruhiges Plätzchen verdient, denn sie haben eine lange Reise hinter sich. Die Storchendame hat einen Ring an ihrem Fuß. Annette Löhr war neugierig und hat bei der „Beringzentrale“ in Radolfszell nachgefragt. Demnach kommt zumindest einer der beiden Störche aus Bad Windsheim, knapp 120 Kilometer entfernt von Pegnitz. Dagegen erscheinen die Runden, die das Storchenpaar seit Kurzem unermüdlich über den Marktplatz ziehen wie ein Spaziergang.

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