Nepalhilfe Kulmbach Patenkind kann Master in Deutschland machen

Sama Neupane aus Nepal beginnt im Oktober ein Masterstudium in Fulda. Dank der Nepalhilfe Kulmbach und Gasteltern – der Familie von Allgemeinarzt Volker Seitter aus Thurnau.

 
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Martina, Volker und Isabella Seitter sind die Gastfamilie von Sama Neupane. Die 25-Jährige beginnt im Oktober ein Masterstudium in Fulda. Foto: Ute Eschenbacher

Seit vielen Jahren ist Dr. Seitter im Vorstand des Kulmbacher Vereins tätig. Als Gesundheitsbeauftragter und Beirat nahm er mit Zahnarzt Jürgen Zahout im Frühjahr an einem Ärztecamp in Malekhu teil, an dem auch das Siddhi Memorial Hospital beteiligt war. Seit vielen Jahren fördern die Kulmbacher dort die Bageshworee Secondary School, wo sie nun einen Neubau einweihten. Das neue, zweistöckige Gebäude dient als Küche, Mensa und Ärztehaus. „Die Dankbarkeit der Menschen ist jedes Mal mehr als berührend.“

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Bereits im Jahr 2021 wohnte die junge Frau aus Bhaktapur bei Familie Seitter. Damals absolvierte Sama Neupane von Oktober bis Dezember ein Praktikum in der Fachklinik Haus Immanuel in Hutschdorf. Jetzt kehrte sie für eine Woche zu ihren Gasteltern zurück, bevor sie im Oktober zum Studium nach Fulda umzieht.

Zwei Jahre Studium in Deutschland

Eine mutige Entscheidung und durchaus ein Abenteuer. Aber Sama war schon immer vielseitig interessiert und ehrenamtlich und als Praktikantin engagiert, wie ihr Lebenslauf zeigt. So war die Nepalesin unter anderem für Girls Empowered by Travel (GET) tätig und Mitglied in der Nichtregierungsorganisation Global Peace Young Leaders. 2022 legte sie ihren Bachelor-Abschluss am St. Xavier’s College in Kathmandu als Sozialarbeiterin ab.

Doch selbst für eine gut ausgebildete Akademikerin ist es nicht leicht, einen qualifizierten Job in Nepal zu finden. „Die meisten jungen Leute gehen ins Ausland“, erzählt Sama im Gespräch mit unserer Zeitung. Denn es ist schwer, eine gut bezahlte Stelle in dem armen Land zu finden. „Nur die kleinen Kinder und die Älteren bleiben zurück“, sagt Sama. „Im Alter haben sie dann oft niemanden mehr, der sich um sie kümmert.“ Einige kehrten zwar zurück, aber meist erst als Rentner und im Ruhestand.

Katastrophenschutz vor Erdbeben

Ab April war Sama beim Disaster Preparedness Network Nepal beschäftigt, einer Erdbeben-Katastrophenschutzorganisation. Denn Nepal am Fuße des Himalayas gelegen, wird immer wieder von starken Erdbeben heimgesucht. Zuletzt wurde das Land im Jahr 2015 von einem starken Erdbeben erschüttert. Damals leistete der Kulmbacher Verein wertvolle Wiederaufbauhilfe.

Und jetzt bietet die Nepalhilfe Sama Neupane die Chance, als Patenkind in Deutschland ein Masterstudium zu beginnen. „Dann hat sie in ihrem Land noch bessere Chancen, eine adäquate Arbeit zu finden“, sagt Seitter. Er wünscht sich, dass die Nepalesin später selbst Aufbauarbeit in ihrer Heimat leistet. „Denn die jungen Leute fehlen leider, auch als Ansprechpartner für uns Hilfsorganisationen.“

Bildung macht den Unterschied

Daher würde es Seitter natürlich begrüßen, wenn Sama künftig wie schon ihre Eltern Shyam und Saru Neupane den Verein später vor Ort tatkräftig unterstützte. „Es wäre schön, wenn sie etwas arbeiten könnte, was für die Zukunft des Landes wichtig ist“, sagt Seitter. „Denn die gutausgebildeten Menschen machen den Unterschied.“

Die Aufbauarbeit in Nepal sei kompliziert, mit viel Bürokratie verbunden und von zuverlässigen Partnern im Land abhängig. „Unser Hauptziel ist es, dass man uns eines Tages nicht mehr braucht“, sagt Seitter. Doch auf dem Weg dorthin solle „möglichst wenig Geld auf der Strecke bleiben“.

In Nepal gibt es große Unterschiede zwischen den Gesellschaftsschichten, Regionen und Ethnien. Wer Land und Häuser besitze, verdiene zwar besser, sagt Sama. „Die Kinder wollen aber trotzdem weg.“ Häufig emigrieren die Jüngeren in die USA, nach Großbritannien, China, Japan und Australien oder arbeiten in den Golfstaaten. Ein Kollege von ihr habe Angebote bekommen, in die USA zu gehen, wollte jedoch seinen Doktor in Nepal machen. Doch das sei schwer oder fast unmöglich.

Sama Neupane erhält nun die Chance, einen Masterabschluss im englischsprachigen Studiengang Human Rights Studies in Politics, Law and Society abzulegen. Die Menschenrechte in Recht, Politik und Zivilgesellschaft stehen im Mittelpunkt des interdisziplinären Studiengangs. Dabei geht es darum, die politischen Fragen unserer Zeit zu diskutieren, interkulturelle Erfahrungen im globalen Kontext zu verstehen und Menschenrechte und Machtstrukturen zu reflektieren.

Für die Hilfsorganisation Mercy Corps reiste Sama nach West-Nepal, wo ein Erdbeben die Region um Jajarkot 2023 schwer getroffen hat. Dort wurden 80 Häuser und Toiletten gebaut, die noch nicht jeder Haushalt in Nepal besitzt. In ländlichen Regionen sind kaum Schulen vorhanden. „Die meisten Menschen wissen gar nicht, was sie für Rechte haben, weil es ihnen niemand sagt“, schildert Sama Neupane. „Nepal bekennt sich zwar zu den Menschenrechten, aber in der Realität werden sie nicht umgesetzt.“ Die Interessen benachteiligter Menschen zu vertreten, ist eines ihre Ziele, die sie mit dem Masterstudium verknüpft.

Die freundliche Nepalesin spricht noch wenig Deutsch, obwohl sie ein B 1-Sprachzertifikat hat. „Mir fehlen die Wörter“, sagt sie entschuldigend auf Deutsch. Ihr Aufenthalt hatte einen langen Vorlauf: Visumsantrag, Verpflichtungserklärung aus Deutschland, die Bewerbung um den Studienplatz mit Motivationsschreiben, Zeugnissen, Empfehlungsschreiben und und und.

Bald Einzug ins WG-Zimmer

Am Freitag bricht sie auf in ihren neuen Studienort, wo sie ein WG-Zimmer bezieht. Bei der Suche haben Seitters Töchter mitgeholfen. Das Studium ist international und beginnt mit einer Vorklasse. Sama ist gespannt auf die Studieninhalte und Perspektiven, die sie kennenlernen wird. Ihr Studium wird von der Nepalhilfe unterstützt, die sich jedoch auch über Spenden freuen würde. Mit Studiengebühren, Miete und sonstigen Lebenshaltungskosten sei mit 800 bis 1000 Euro im Monat zu rechnen.

Die Nepalhilfe begleitet begabte Patenkinder immer wieder bis ins Studium. „Durch großzügige Hilfe haben wir schon einige erfolgreich zu einem Medizinstudium gebracht“, sagt Seitter. Maleku habe sich durch die Hilfe aus Deutschland maßgeblich verändert. Dank zahlreicher Spenden konnte zuletzt das mit einem Sichelfuß geborene Mädchen Santoshi Pariyar in einer orthopädischen Klinik erfolgreich operiert werden. „Sie kann wieder laufen und hat eine Chance, besser zu leben“, sagt Seitter und hat eine Zukunftsvision: „Wenn unsere Schüler und Studenten später etwas zurückgeben und Vorbilder für andere sind, dann wäre das ein riesiger Erfolg.“

INFO: Wer den Verein unterstützen möchte, findet Näheres auf der Webseite www.nepalhilfe-kulmbach.de.