Nachbarschaftshilfe im Schneeloch Presseck Unerwartete Hilfe

Klaus Klaschka
„Dürfen wir bei Ihnen Schnee räumen?“ Valentina und Alexandru leisten gerne Nachbarschaftshilfe Foto:  

Dorfgemeinschaft und Nachbarschaftshilfe gibt es nicht mehr ? Von wegen. Im Landkreis Kulmbach beweisen Menschen, wie es geht.

 
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Presseck - „Is halt Winter, es wird auch mal wieder anders“, pflegt der Pressecker Verwaltungsleiter Frank Wunner zu sagen, wenn der Winterdienst zum dritten Mal an einem Tag die fast 50 Kilometer Gemeindestraßen geräumt hat und trotzdem telefonische Beschwerden im Rathaus einlaufen. Tatsächlich fiel im Oberland recht viel Schnee. Irgendwann hat man genug vom „Schobern“. Ist an manchen Tagen nicht nur sinnlos, sondern auch anstrengend. Hilfe kommt dennoch manchmal unverhofft.

Es klingelt an der Tür. Draußen stehen zwei Kinder. Aufgestützt auf einen Schneeschieber und auf einen Besen. „Dürfen wir bei Ihnen Schnee räumen?“ fragt der Bub, und das Mädchen lässt mit ihrem Lächeln all ihren Charme der Überzeugung spielen. „Wenn ihr wollt“, hört man sich selbst sagen und ertappt sich dabei, wie man nach dem Haken sucht, den das unerwartete Angebot doch bestimmt haben muss. „Was wollt ihr dafür?“ hört man sich weiter sagen und ist verwundert, denn: „Nichts“, sagen die Kids. „Wir machen das einfach so.“

Gesagt getan, die beiden machen sich ans Werk. Der Bub schiebt, das Mädchen kehrt mit dem Besen hinterher. „Ganz so ordentlich muss es nicht sein“, hört man sich sagen, denn Kinderarbeit will man trotz Schneechaos keinen Vorschub leisten. „Es schneit ja so wie so wieder drauf.“ „Wenn, dann machen wir das schon ganz sauber,“ sagt der Bub und zeigt dem Mädchen, wo noch zu kehren ist. Wir kennen uns, dämmert es langsam. Ab und zu begegnen wir uns auf der Straße, wenn der Junge den Hund spazieren führt. Er grüßt dann immer mit einem Winken. „Gut erzogen“, war deshalb schon der erste Eindruck von ihm.

„Wie heißt du?“ „Alexandru“, sagt er, setzt aber noch einmal nach: „AlexandrU“ und betont das lange -u besonders. „Wir sind aus Rumänien gekommen und haben das gelbe Haus dort gekauft“, zeigt er auf ein paar Häuser weiter. „Und deine Freundin?“ „Valentina“, sagt das Mädchen. „Aber meine Freundin ist eigentlich in Guttenberg“, klärt Alexandru auf, „mit Valentina und anderen machen wir ab und zu was zusammen“, beschreibt er die Verhältnisse genauer.

Warum sie anderen Leuten helfen? Die Kinder hängen heute doch nur zu Hause am Handy! Dieses Vorteil wollen die beiden nicht gelten lassen. „Ab und zu zocke ich schon“, gibt Alexandru zu, „aber wir sind auch gerne draußen.“ Und die Schule? „Ist jetzt Distanz“, sagt Valentina. Und wie ist das? „Ach,...“ will sie eigentlich jetzt gerade nichts dazu sagen.

Ob die Zeitung von ihrer Nachbarschaftshilfe etwas schreiben darf? Wir einigen uns, dass sie erst einmal zu Hause fragen und verabreden uns für den nächsten Tag. Nun: Die Zeitung darf, berichten die beiden (falls noch jemand Hilfe braucht und sie gerade Zeit haben).

Geplant war eigentlich, dass sie dann für ein Foto vor dem Haus Schnee räumen. Dieser Plan hat aber nicht funktioniert: Die Nachbarin vom Nebenhaus hatte in Allerherrgottsfrüh vor ihrer Garage geräumt - und vor unserem Haus gleich mit. Wer also behaupten möchte, Dorfgemeinschaft und Nachbarschaftshilfe gibt es heutzutage nicht mehr, der sei eines Besseren belehrt - zumindest was unsere Straße betrifft.

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