Nach Spiel gegen Israel Der Rassismus-Schock sitzt tief bei der U 21

Daniel Theweleit

Die Beleidigungen gegen die U-21-Spieler Youssoufa Moukoko und Jessic Ngankam beschäftigen das deutsche Team auch noch am Tag nach dem 1:1 gegen Israel. Der DFB kündigt rechtliche Schritte an.

 
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Wurde rassistisch beleidigt: Youssoufa Moukoko Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Youssoufa Moukoko war erstaunlich gut gelaunt angesichts der Erlebnisse, die er zu verkraften hatte an einem finsteren Abend in der georgischen Provinzmetropole Kutaissi am Ufer des reißenden Flusses Rioni. „Ich sehe das positiv, als Motivation, das zweite Spiel besser zu machen“, sagte der Fußballer von Borussia Dortmund trotzig, nachdem er zuvor ausführlich von rassistischen Beleidigungen erzählt hatte, die infolge des 1:1 der deutschen U-21-Mannschaft am Donnerstagabend gegen Israel in seinem Instagram-Account erschienen waren. „Wenn wir gewinnen, dann sind wir alle Deutsche, wenn wir verlieren, bekommst du diese Affen-Kommentare“, stellte der 18 Jahre alte Torjäger fest, „das ist ekelhaft.“

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Intensiver Austausch

Jessic Ngankam war in den sozialen Netzwerken ebenfalls beleidigt worden, beide Spieler haben familiäre Wurzeln in Kamerun und hatten jeweils einen Elfmeter verschossen. Die Spieler und Trainer haben sich auf der Busfahrt ins Quartier nach Batumi intensiv über die Vorfälle ausgetauscht, „auch heute Morgen war das ein Thema, wir haben die Spieler aufgefangen, die Mannschaft hat jetzt ein klares Zeichen gesetzt und gesagt: Wir konzentrieren uns voll auf das Sportliche, wir lassen uns auch nicht spalten“, sagte Trainer Antonio Di Salvo auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz am Freitagmittag.

Alles Sportliche war damit vorerst in den Hintergrund gerückt, dabei gab es auch hier eine Menge Diskussionsbedarf. Die Mannschaft von Trainer Antonio Di Salvo hatte zwei womöglich entscheidende Punkte verspielt, eine ganze Halbzeit lang hatte die Mannschaft nach einer Gelb-Roten Karte für den Israeli Eden Karzev in Überzahl gespielt, „in der Konstellation mit den zwei Elfmetern und dem Platzverweis müssen wir das Spiel gewinnen“, sagte Di Salvo, bevor er über die verletzenden Beiträge in den sozialen Medien informiert worden war.

Als er dann von Moukokos Schilderungen hörte, war ihm der Schock deutlich anzusehen, der Trainer hatte sofort verstanden, dass er sich neben den sportlichen Problemen während dieser ersten Turnierphase vorerst auch mit dem komplexen Rassismusthema auseinandersetzen muss. Seine erste Reaktion war bemerkenswert souverän. „Es ist ein Unding, wenn sich irgendwelche Menschen anonym im Internet äußern und unsere Jungs rassistisch beleidigen, das geht überhaupt nicht“, sagte Di Salvo. Moukoko und Ngankam seien Spieler, „die sehr gerne für Deutschland spielen, die Deutsche sind, die alles geben für das Land, deshalb bin ich auch persönlich schockiert und enttäuscht“.

Außerdem hatte der Trainer sofort den Kern dieses seit Jahren schwelenden Problems im Blick, für das es bislang einfach keine Lösung gibt. „Es ist nicht einfach, das Internet und die digitalen Medien zu kontrollieren, aber das muss bestraft werden“, sagte Di Salvo.

Ein Unding

Das war auch die Kernbotschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der am Tag danach ein Statement ins Internet stellte mit dem Inhalt: „Denjenigen, die gestern nach dem Spiel der U 21 diskriminierende, beleidigende und menschenverachtende Kommentare gegen einige Spieler verfasst haben, möchten wir sagen: Ihr widert uns an. Ihr seid keine Fans, euch brauchen wir nicht, euch wollen wir nicht. Eure Äußerungen werden wir strafrechtlich verfolgen.“ Auch die Bundesinnenministerin Nancy Faeser reagierte auf die Vorfälle. „Die rassistischen Beleidigungen gegen Youssoufa Moukoko und Jessic Ngankam sind menschenverachtend und widerwärtig“, sagte sie.

Popularität ist wichtig

Viele Fußballer haben ein ambivalentes Verhältnis zum digitalen Teil der Öffentlichkeit, den sie für direkte Kontakte zu Fans, zu Marketingzwecken und zur Selbstdarstellung nutzen. Moukoko hatte bereits im Alter von 14 Jahren mehr Instagram-Follower als mancher A-Nationalspieler, und als der Sportausrüster Nike ihm lange vor seinem ersten Bundesliga-Spiel einen hochdotierten Werbevertrag anbot, war sicher auch seine Popularität in den sozialen Medien relevant. Die Schattenseite: Es ist nur schwer möglich, hier Ansprechbarkeit und Nahbarkeit zu suggerieren und zugleich Hasskommentare zu unterbinden. Die polizeilichen Behörden sind an dieser Stelle offenbar überfordert, denn es sind ja nicht nur Fußballprofis, sondern auch Millionen Menschen von dem Problem betroffen.

Ngankam bedankte sich am Freitag für die „vielen aufmunternden Kommentare“, die er und Moukoko erhalten haben, seit sie die Beleidigungen in die Öffentlichkeit getragen haben. „Weltklasse! Schlimm, dass es 2023 noch immer „Menschen“ gibt, die sich hinter anonymen Accounts verstecken, um rassistisch zu pöbeln. Ihr könnt mir nichts“, schrieb der Profi von Hertha BSC bei Instagram. „Im Gegenteil. Wir als Team stehen noch enger zusammen. Jetzt Fokus auf Tschechien!“ Das ist der Gegner im vorentscheidenden zweiten EM-Gruppenspiel am Sonntag (18 Uhr MESZ/Sat.1) in Batumi.