Nach Skandal in Kulmbach: Kein Appetit mehr auf Fleisch

Mit einer Protestaktion haben rund 20 Tierschützer am Mittwoch ihrem Ärger in Kulmbach Luft gemacht. Sie wollen, dass sich die schlimmen Bilder gequälter Tiere in Kulmbach nicht mehr wiederholen.

 
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Kulmbach - Sie haben sich auf dem schmalen Gehsteig in einer Linie aufgereiht. Vor das Schlachthoftor, das seit wohl Menschengedenken erstmals verschlossen und sogar mit einer Kette gesichert war, durften sie nicht. Der Lieferverkehr dürfe nicht behindert werden. Ein kurzes Kopfschütteln kam schon, weil das geschlossene Tor ja eben keinen Verkehr erwarten ließ. Einen Streit war es den Tierschützern aber nicht wert. Es gehe um die Sache. Darum, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, auf welch schlimme Weise Tiere sterben müssen, weil der Mensch sie in immer größeren Massen essen und immer weniger dafür bezahlen will.

Rund 20 Tierfreunde waren auf Einladung der ehemaligen Kulmbacher Tierheimleiterin Susanne Schilling zum Schlachthof gekommen. Bewusst habe sie nicht öffentlich eingeladen. Es gehe nicht darum, ein Spektakel zu machen, sondern Flagge zu zeigen und deutlich zu machen, dass es Menschen gibt, die nach dem Skandal nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen. Deswegen werde es weitere Mahnwachen geben. Vielleicht auch mal zu einer Zeit, während tatsächlich Tiere angeliefert werden, vielleicht auch mal mit öffentlichem Aufruf zur Beteiligung auf dem Marktplatz.

Die Teilnehmer an diesem ersten stummen Protest waren aus ganz unterschiedlichen Altersgruppen. Einigen ist nach den schlimmen Bildern der Appetit auf Fleisch vergangen. Ellen Frankenberger ist eine davon. „Mich regt das alles auf, vor allem die grausamen Betäubungsmethoden. Wenn man das anders machen könnte, wäre das ein Fortschritt für die ganze Welt. Außerdem: Wenn die Soko Tierschutz die Tierquälerei nicht aufgedeckt hätte, würde das immer so weitergehen.“ Ellen Frankenberger haben die Aufnahmen tief bewegt: „Seit ich das in der Zeitung gelesen habe, esse ich kein Fleisch und keine Wurst mehr. Ich habe es nie so richtig mit einem Tier verglichen, wenn ich ein Kotelett oder Schnitzel in der Auslage gesehen habe. Ich habe mich nie damit befasst. Jetzt weiß ich, was dahintersteckt.“ Das Bild von dem Schwein, das in der Gaskammer die Augen verdreht, gehe ihr nicht aus dem Kopf. „Dagegen muss man etwas machen. Aber es geht leider immer wieder ums Geld.“

Monika Gottfried ist Veganerin. Tierprodukte kommen bei ihr schon länger nicht auf den Tisch. Als sie noch Fleisch gegessen hat, habe sie das Leid der Tiere verdrängt. „Seit ich mich mit Tierschutz befasse, weiß ich, was los ist.“ Sie will mithelfen, die Menschen aufmerksam zu machen, auch wenn sie befürchtet, dass viele das Thema nicht interessiert. Ihre Botschaft: „Jede Art von Töten ist nicht human, das gibt es nicht.“

Das System sei falsch. Deswegen sei sie zur Mahnwache gekommen, sagt Eva König. „Auch jemand, der Fleisch isst, kann das, was hier aufgedeckt wurde und auch in anderen Schlachthöfen stattfindet, nicht für gut befinden.“ Die Masse an Schlachttieren sei viel zu groß.

Birgit Hauenstein aus Ludwigschorgast will auf jeden Fall, dass der Schlachthof Kulmbach erhalten bleibt. Es gebe viele regionale Landwirte, die diesen Betrieb brauchen. „Aber was mich fassungslos macht, ist der Umgang der drei Mitarbeiter mit den Tieren. Dass diese Leute nicht einmal beurlaubt sind, sondern ganz normal weiter arbeiten dürfen, wenn auch nicht mit lebenden Tieren, ist nicht richtig. In einem anderen Unternehmen würden die sofort freigestellt werden.

Pascal Krause ist aus Bayreuth zur Mahnwache gefahren. Angesichts dessen, was die Soko Tierschutz aufgedeckt hat, sei es wichtig, ein Zeichen zu setzen. Die CO2-Betäubung müsse eingestellt werden. Das wäre für Krause der „Minimalkonsens. Damit wäre schon viel erreicht.“ Allerdings stelle sich darüber hinaus auch die Frage nach der Systematik des gesamten Schlachthofwesens.

Susanne Schilling ist schwer enttäuscht, dass der als Vorzeigeobjekt gehandelte Kulmbacher Schlachthof auch nicht besser sei als jeder andere. Ihr gehe es darum, jetzt mitzuhelfen, möglichst vielen klar zu machen, dass Tiere in einem Schlachthof eben nicht totgestreichelt werden, sondern qualvoll sterben und nicht so behandelt werden, wie sich die Verbraucher das vorstellen. „Die Kulmbacher Politiker sollen nicht nur schön reden, sondern schnell handeln.“ In Bezug auf die drei Mitarbeiter, die Tiere ins Gesicht traten und Elektroschocker einsetzten, ist Schilling entsetzt. „Ich kann mir nur vorstellen, dass sie annehmen konnten, dass ihr Verhalten nicht geahndet wird. Sonst würden sie sich das doch gar nicht trauen.

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