Es gebe in vielen Regionen eine Zunahme der Infektionen und europaweit eine wachsende Zahl von Risikogebieten, sagte Söder. „Die Sorge ist mehr als berechtigt.“ Laut dem RKI waren bis Mittwochabend bundesweit 1445 neue Corona-Infektionen innerhalb eines Tages registriert. Höher lag der Wert zuletzt am 1. Mai. „Dieser Trend ist beunruhigend“, so auch das RKI. Besonders betroffen sind derzeit Nordrhein-Westfalen und Hamburg.
Sowohl die Opposition im Bundestag als auch im heimischen Bayern hielten Söder Versagen im Krisenmanagement vor. „900 positiv Corona-Getestete nicht zu informieren, ist Körperverletzung gegenüber denen, die diese anstecken“, twitterte FDP-Vizefraktionschef Alexander Graf Lambsdorff.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock gab Söder persönlich die Verantwortung. „Wer sich als Ministerpräsident permanent als Krisenmanager inszeniert und sich selbst ständig auf die Schulter klopft, ist auch in der Verantwortung sicherzustellen, dass es funktioniert“, sagte Baerbock am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist ein schweres Versäumnis und gefährdet die Gesundheit des Einzelnen und den Pandemieschutz insgesamt.“ Der bayerische SPD-Generalsekretär Uli Grötsch forderte im Bayerischen Rundfunk den Rücktritt Humls - wie auch der bayerische FDP-Fraktionschef Martin Hagen gegenüber der „Bild“-Zeitung.
Auch das Bayerische Rote Kreuz (BRK) kritisierte die Behörden. Die Hilfsorganisationen seien vom Freistaat beauftragt worden, innerhalb eines Tages fünf Teststationen zu errichten. Dabei hätten sie sich an den Vorgaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und der Gesundheitsämter orientiert. „Da das LGL sich nicht in der Lage gesehen hat, in dieser kurzen Zeit eine entsprechende Software zur Verfügung zu stellen, mussten die Reisenden händisch mit Formularen erfasst werden“, hieß es in einer Mitteilung.
Einer stimmte in den Chor der Kritiker nicht ein: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). „Ministerpräsident Markus Söder hat ja selbst gesagt, das sei sehr ärgerlich. Das ist ohne Zweifel so. Gleichzeitig ist es so, dass in außergewöhnlichen Zeiten auch Fehler passieren“, sagte der CDU-Politiker im ZDF-„Morgenmagazin“. „Entscheidend ist, dass sie transparent gemacht werden und sie dann schnell behoben werden. Und das macht die bayerische Staatsregierung.“
Seit Beginn der Corona-Krise haben sich mindestens 219 964 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert, wie das RKI meldete. Die Zahl der Todesfälle liegt nun bei 9211.