Die singapurische Zeitung "Straits Times" stellte kürzlich fest: "Von der Ukraine bis nach Syrien und Myanmar, wir leben in einer Welt der Flüchtlinge." Seit 1945 habe es nicht mehr so viele Vertriebene gegeben. "Ein Flüchtling zu sein - losgerissen von Heimat, Freunden, Besitz, Kultur - ist immer eine entsetzliche Zwangslage", so das Blatt. Das musste auch Maung Win erfahren, ein Polizist aus Yangon, der sich dem Widerstand angeschlossen hat.
Lebensbedingungen in Camps sind schlecht
Er rodet gerade Teile des Waldes, um bombensichere Unterschlüpfe zu bauen. Sie sollen die Flüchtlinge vor den Luftangriffen der Junta schützen. Genau wie Khin Khin lebt er derzeit in einem Gebiet, das von der mächtigen "Karen National Union" (KNU) kontrolliert wird. Die KNU ist die älteste bewaffnete Gruppe im Vielvölkerstaat Myanmar. Seit mehr als 70 Jahren kämpft sie für die Freiheit und bietet seit dem Putsch vielen Binnenvertriebenen Schutz.
"Ich werde es nie bereuen, diesen Weg gewählt zu haben, ich bin stolz darauf", sagte Maung Win (27) der Deutschen Presse-Agentur. "Mir wurde befohlen, mich dem Militär anzuschließen, aber ich lehnte ab und bin dem Widerstand beigetreten." Als er erzählt, wie er Familie und Freunde hinter sich lassen musste, seufzt er tief.
Die meisten im Camp leben in kleinen Hütten oder Zelten. Sauberes Trinkwasser gibt es nicht. Viele leiden unter Krankheiten wie Durchfall. Medikamente sind knapp, Nachschub zu besorgen gefährlich. Um neue Siedlungen zu bauen, werden Waldstücke abgebrannt. In die Flammen werden Abfälle geworfen, weil die Menschen nicht wissen, wo sie sie sonst entsorgen sollen. Der Geruch ist beißend. Aber das Schlimmste ist die Ungewissheit. Werden sie je heimkehren können?
Viele Vertriebene sind Kinder
Auch im angrenzenden Karenni-Staat (auch Kayah-Staat genannt) haben sich viele in die Wälder geflüchtet. Nang Phaw war schwanger, als die Streitkräfte der Junta Anfang 2022 mit schweren Waffen ihr Dorf angriffen. "Ich hatte Todesangst, ich dachte, eine der Raketen würde mir direkt auf den Kopf fallen", erzählt die 28-Jährige. Sie sei einfach in die Dunkelheit hinausgerannt, ziellos, planlos, panisch. Seither ist sie ein Flüchtling - zum ersten Mal in ihrem Leben.
Nach Erhebungen der Organisation "Karenni Human Rights Group" sind 20 Prozent der Vertriebenen Kinder unter acht Jahren. Die meisten leiden an Mangelernährung. Hilfslieferungen unter anderem der Vereinten Nationen werden Menschenrechtlern zufolge immer wieder von der Junta blockiert. Eine Zahl, die zu denken gibt: Im Karenni-Staat leben 200.000 der knapp 300.000 Einwohner mittlerweile als Binnenvertriebene.
Immer wieder gibt es Berichte über Massaker an der Zivilbevölkerung. Eines der schlimmsten wurde Ende 2021 bekannt. Im Karenni-Staat wurden in verbrannten Fahrzeugen die verkohlten Leichen von mehr als 30 Menschen gefunden, darunter Kinder sowie zwei Mitarbeiter von Save the Children. "Das Militär hat Berichten zufolge Menschen aus ihren Autos gezwungen, einige festgenommen, andere getötet und ihre Körper verbrannt", teilte die Kinderhilfsorganisation damals mit und verurteilte den Angriff als Bruch des humanitären Völkerrechts.
Terror des Militärs: Dörfer werden angezündet
Zur Strategie des Militärs gehört auch, möglichst viele Häuser zu zerstören. Schätzungen zufolge sollen es bereits Zehntausende sein. "Das Militär will den Menschen Angst machen", ist Ko Tun überzeugt, der Vertriebenen hilft. Wenn es auch nur einen Verdacht gebe, dass sich irgendwo ein Mitglied des Widerstands verstecke, würde oft die ganze Ansiedlung niedergebrannt. "Dörfer anzuzünden halten die Soldaten für nützlich, darum machen sie es regelmäßig."
Am meisten sorgen sich die Flüchtlinge um die Zukunft ihrer Kinder. Denn auf der weltweiten Bühne steht Myanmar nur selten oben auf der Agenda. "Ich muss meine derzeitige Situation akzeptieren, weil ich will, dass sie irgendwann in Freiheit leben können", sagt Min Min aus Yangon. Der 40-jährige Vater eines Sohnes und einer Tochter ist ebenfalls in den Dschungel an der Grenze zu Thailand geflohen. "Was aus mir wird, ist mir relativ egal, aber ich habe noch Hoffnung für meine Kinder und dass sich all die Opfer, die wir bringen, auszahlen. So dass wir eines Tages nach Hause zurückkehren können."