Dass jüngere Frauen zum natürlichen Grau stehen, ist nach Einschätzung von Friseur Antonio Weinitschke aber eher selten. Er hat einen Salon in Aachen und ist Art Director beim Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks. Es gebe mehr Frauen, die ab 60 Jahren zum Grau stünden. Bei Jüngeren sei das weniger verbreitet. "50 ist noch ein Alter, da will man noch nicht so grau gehen."
Der Berliner Promifriseur Udo Walz sieht keinen Trend zum Natürlich-Grau. Er sei selbst ein Fan von grauen Haaren, aber man dürfe dann keine Dauerwelle machen. Das sei dann "Oma-Look". Man brauche einen modernen Haarschnitt, etwa einen klassischen Bob. Was seiner Meinung nach "schrecklich ungepflegt" aussieht: dunkle Haare, die mit einzelnen Grauen durchzogen sind.
Dass sich viele Frauen nicht mit Grau anfreunden wollen, zeigen auch andere Beispiele. Schauspielerin Jennifer Aniston (50) erklärte zuletzt in der "InStyle", sie werde weiter monatlich zum Färben gehen: "Ich werde nicht lügen - ich will keine grauen Haare", zitierte das Magazin die Schauspielerin ("Friends").
Genau genommen werden Haare übrigens gar nicht grau, sondern weiß. Erst durch die Mischung mit der Naturhaarfarbe entstehe ein Grauton, sagt Friseur Weinitschke. Wann die ersten weißen Haare auftauchen, sei genetisch bedingt. Bei ihm sei das mit Anfang 50 passiert. Er kenne auch Frauen, die mit 17 Jahren graue Haare bekämen. Blonde sind ein wenig im Vorteil - dort fällt Grau weniger auf.
Sind die ersten hellen Borsten da, muss man sich entscheiden. Autorin Charlotte Roche (41) hat ein paar graue Haare an den Schläfen - und mag das auch. "Ich freue mich, wenn ich Frauen sehe, die ihre Haare natürlich grau lassen", sagte Roche ("Schoßgebete", "Paardiologie") im Sommer der Deutschen Presse-Agentur.
Graue Haare seien heutzutage ja leider ein Statement, weil Frauen über Generationen beigebracht worden sei, gegen jedes Alterungszeichen zu kämpfen, sonst gelte man als hässlich und alt, sagte Roche. "Warum sehen nur Männer besser aus, wenn sie altern?" Und alle Frauen alterten nicht schön? Da müsse man ja wohl gegen vorgehen.
Birgit Schrowange jedenfalls hat ihren Schritt zum Leben ohne Haarefärben nicht bereut, wie sie der "Bild"-Zeitung sagte. Sie habe viel Lebenszeit gewonnen, weil sie am Schluss alle zwei Wochen färben lassen musste. Mit Blick auf Anerkennung für ihre grauen Haare sagte sie: "Es kamen Leute auf mich zu: "Booooah, du bist sooo mutig!" Hat das jemals jemand zu meinem Kollegen Peter Kloeppel gesagt?"