3. Die Ukraine blickt in eine ungewisse Zukunft
Hinter dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj liegt eine düstere Woche. Um ein Ende des russischen Angriffskrieges zu ermöglichen, soll die Ukraine aus US-Sicht ihre Ambitionen auf einen schnellen Nato-Beitritt aufgeben und akzeptieren, dass ein Teil ihres Staatsgebiets dauerhaft unter russischer Kontrolle bleibt. Zudem soll sie den USA im Gegenzug für weitere Unterstützung Zugriffsrechte auf wertvolle ukrainische Rohstoffe einräumen.
Selenskyj bleibt dabei nicht anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel machen. Wenn er Forderungen der USA ablehnt, geht er das Risiko ein, dass diese ihre militärische Unterstützung einstellen und sein Land möglicherweise komplett unter russische Kontrolle gerät.
Angesichts des Kurses der neuen US-Regierung forderte Selenskyj bei der Sicherheitskonferenz ein Zusammenstehen der Europäer und rief zur Bildung einer gemeinsamen europäischen Armee auf. "Von nun an werden die Dinge anders sein, und Europa muss sich darauf einstellen", sagte er.
4. Was wegen Trump und Vance hinten runter fällt
Die Vance-Attacke auf Europa hatte auch zur Folge, das drängende andere Themen in München kaum Chancen hatten. Dazu gehört die Klimapolitik und die von Trump geächtete Abkehr von fossiler Energie ("Drill, baby, drill"), aber auch die dramatische Lage im Gazastreifen sowie die für Europa sehr relevante Zukunft Syriens. Syriens De-facto-Außenminister Assad al-Schaibani hatte in München seinen ersten großen Auftritt auf der internationalen Bühne.
Er bat um internationale Unterstützung und sicherte zu, die siegreiche Islamistenmiliz HTS werde Diversität des syrischen Volkes und Grundrechte achten. Die internationale Gemeinschaft steht vor der Entscheidung, ob die HTS weiter auf der Terrorliste bleibt und ob die gegen Syrien verhängten Sanktionen aufgehoben werden. Al-Schaibani warb um Vertrauen. "Dass eine Revolution in einen Staat verwandelt wird, dieser erfolgreiche Schritt in Syrien in nur zwei Monaten, das finden Sie nicht in jüngerer Zeit."
5. Wahlkämpfer für einen Moment vereint
Die Sicherheitskonferenz war auch ein Schaulaufen der deutschen Wahlkämpfer eine Woche vor der Bundestagswahl am kommenden Sonntag. Mit Olaf Scholz (SPD), Friedrich Merz (CDU/CSU) und Robert Habeck (Grüne) hatten die drei aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten Auftritte auf der großen Bühne - und waren sich ausnahmsweise mal einig. Der Schock der Vance-Rede schweißte die Wahlkämpfer zusammen, die sich mit Blick auf dessen Rückendeckung für die AfD einhellig die Einmischung in innere Angelegenheiten verbaten.
Einzig FDP-Chef Christian Lindner stimmte nicht in die parteiübergreifende Kritik ein: "Also vielleicht ist im Verhältnis zu einem kompliziert gewordenen Freund USA eine ein bisschen weniger reflexhafte Antwort erforderlich, dafür etwas mehr kritische Selbstprüfung", meinte er.
Von den deutschen Politikern bekam übrigens einer die größte Aufmerksamkeit, der im Wahlkampf nur eine Nebenrolle spielt. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) war der erste, der auf Vance antwortete und dafür viel Applaus im Saal und den sozialen Medien bekam. Die anderen waren im Programm erst einen Tag später an der Reihe.