Ende der Sommerpause in der Formel 1 Warum der Grand Prix in Spa auf der Kippe steht

Dominik Ignée

Die Formel 1 trifft sich nach der Sommerpause auf dem Traditionskurs in Spa-Francorchamps zum Grand Prix von Belgien. Die Gastgeber plagen Zukunftssorgen.

 
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Nach dem Start geht es in Spa verdammt eng zu. Foto: imago images/Motorsport Images/Steven Tee via www.imago-images.de

Die Ferien sind vorüber. Und zum Auftakt steht für die Formel-1-Protagonisten eine der größten Herausforderungen im Terminkalender auf dem Programm. Am Sonntag rast die Meute gleich mal über die Ardennen-Achterbahn in Spa-Francorchamps. Der WM-Spitzenreiter Max Verstappen hat mit 80 Punkten Vorsprung auf den WM-Zweiten Charles Leclerc ausgezeichnete Voraussetzungen, den WM-Titel bei noch neun von insgesamt 22 Rennen klarzumachen in diesem Jahr. Der Red-Bull-Mann gewann neun Saisonrennen, Ferrari-Fahrer Leclerc dagegen nur drei. Es müssten schon ein paar Wunder geschehen, um dem Niederländer die Krone noch zu entreißen. „Es juckt mich auf jeden Fall, wieder loszulegen“, sagt Verstappen und ist hoch motiviert.

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Spa ist kein Spaß

Nun also steht der Belgien-Grand-Prix bevor, einer der großen Klassiker im Rennkalender. Spa ist kein Spaß, der Kurs gilt als die schwierigste und intensivste Rennstrecke der Formel 1. Es geht bergauf, bergab, wieder bergauf – und das alles weitgehend mit Höchstgeschwindigkeit. Nur im italienischen Monza drücken die Piloten im höchsten Gang das Gaspedal noch öfter durch bis ans Bodenblech. In einer Qualifyingrunde laufen in Spa die Motoren zwischen der La-Source-Haarnadel und der Les-Combes-Kurve für etwa 23 Sekunden auf den knapp zwei Kilometern unter absoluter Volllast – die längste Vollgaspassage überhaupt. In Spa sind Männer gefragt, keine Memmen.

Große Rennen gab es dort von Michael Schumacher, große Überholmanöver wie das von Mika Häkkinen. Aber auch Massenkarambolagen und wahre Wasserschlachten haben sich in den belgischen Ardennen zugetragen. Der Regen gehört in Spa dazu wie der Startschuss. Mehr als 100 000 Motorsportenthusiasten zelten in den Wäldern rund um die Rennstrecke und stecken mit ihren Gummistiefeln meist fersenhoch im Matsch. „Spa-Francorchamps bedarf keiner weiteren Vorstellung. Es ist eine Traditionsstrecke mit einem Old-School-Charakter, die Schauplatz vieler ikonischer Momente in der Formel-1-Geschichte gewesen ist und eine unglaubliche Herausforderung für Auto und Fahrer darstellt“, sagt Mercedes-Sportchef Toto Wolff.

Die Mutter aller Kurven

Absoluter Höhepunkt in Spa ist Eau Rouge, die Mutter aller Kurven. Die Piloten sind begeistert von den unglaublichen Fliehkräften. In einer Senke gibt es einen Linksknick, der in einen steil bergauf führenden Rechtsknick übergeht. Meist wird die Eau-Rouge-Biege mit Vollgas gefahren. Für den ehemaligen Formel-1-Weltmeister Jacques Villeneuve kam da nie etwas anders infrage. Der wurde als Knabe Halbwaise, weil sein Vater auf der Rennstrecke tödlich verunglückte, doch rühmte sich der Junior oft, die Eau Rouge mit Vollgas zu nehmen. Einmal zertrümmerte er seinen Rennwagen und spielte den Helden mit den Worten: „Mein schönster Crash.“ Später lief er mit einem T-Shirt durchs Fahrerlager, auf dem stand: „Ich habe Eau Rouge überlebt.“

Der Red-Bull-Teamchef Christian Horner kann sich daran erinnern, dass „wir alle unsere Augen geschlossen haben“, als Fernando Alonso und Mark Webber einmal nebeneinander auf die Eau-Rouge-Kurve zurasten. Es ist gut gegangen. Die Tatsache, dass die Kurve mit fast 300 Stundenkilometern genommen wird, lässt auch die Frage zu, inwiefern man noch von einer Kurve sprechen kann. Jordan-Kollege Andrea de Cesaris, verriet Michael Schumacher einst, habe ihn 1991 gefragt, an welcher Stelle der Eau-Rouge-Kurve er bremse. Schumachers Antwort: „Welche Kurve?“

Die Angst geht um

Nun stehen Eau Rouge und Spa auf der Kippe, und bei den Piloten geht die Angst um, dass der Grand Prix aus dem Programm fällt. Da viele andere Länder die Königsklasse des Motorsports beherbergen wollen, könnte Belgien bereits 2023 nicht mehr dabei sein. Der McLaren-Pilot Lando Norris würde das zutiefst bedauern. Der Brite kritisiert, dass es heute nur noch um Profit geht. „Ich wäre traurig“, sagt Norris, sollte für Spa kein Platz im Kalender gefunden werden. „Es geht heutzutage nur noch ums Geld, und das ist das Problem.“

Da für 2023 die Rennen in Katar und Las Vegas hinzukommen und wohl auch Platz für China und Südafrika geschaffen werden muss, könnte die Formel 1 einen Bogen um Belgien machen. Frankreich ist schon raus aus dem Kalender, auch Monaco soll auf der Streichliste von Liberty Media stehen. Ohne Traditionsorte wie Monaco oder Spa verliert die Formel 1 jedoch endgültig Seele.