Es herrschte die erwartbare Einigkeit: Im Prinzip sehen alle Parteien in der Digitalisierung eine Chance, dass unnötige Bürokratie abgebaut werden und man sich bei Estland etwas abschauen könne. Der Christsoziale Götz, selbst vor kurzem als Urlauber in Estland, war voll des Lobes: „Es ist Wahnsinn, was man da online machen kann.“
Andere Richtlinien in jedem Bundesland
Ihm sei aber auch klar, dass Deutschland noch ein weiter Weg bevorstehe. Zustimmung kam von Martin Lücke, der vorhersagte, „dass wir noch längere Zeit mit solchen Systembrüchen leben müssen“. Estland sei ein übersichtliches Land mit etwas über einer Million Einwohner, in Deutschland gebe es allein in jedem Bundesland andere Richtlinien.
Kampf um Fachkräfte
Michael Angerer, Geschäftsführer einer Event-Agentur, wollte wissen, wie die Parteien deutsche Unternehmen im Kampf um Fachkräfte unterstützen wollen. Kathrin Flach-Gomez von der Linken war sich mit den meisten ihrer Mitbewerber einig, dass die Anwerbung auch aus dem Ausland erfolgen muss. Dafür sei eine Willkommenskultur notwendig, ebenso aber auch Bildungsgerechtigkeit für zukünftige Fachkräfte in Deutschland. Ebenso wie sie, wies auch die Grüne Barbara Fuchs darauf hin, dass nach wie vor zu viele Geflüchtete abgeschoben werden, die in einem Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis stünden.
Suchende und Findende
Angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit, gerade in Südeuropa, forderte Marina Schuster (FDP) die Einrichtung einer europäischen Agentur, die „Suchende und Findende verbindet“. Einzig AfD-Frau Sylvia Limmer plädierte für eine strikte Trennung. Nach kanadischem Vorbild solle qualifizierte Einwanderung geregelt werden, ein Spurwechsel für Asylbewerber soll aber nicht möglich sein – dies sei ein „Gastrecht auf Zeit“.
AfD-Frau platzt der Kragen
Auf die Frage eines europabegeisterten Bürgers, wie es denn nun weitergehe mit Europa, flogen dann zum Ende die Fetzen. Nachdem alle anderen Politiker den Brexit als erschreckendes Negativbeispiel ausgemacht und vor der Herrschaft der Populisten gewarnt hatten, platzte Limmer der Kragen: „Ich bin keine Populistin, also lassen Sie das stecken.“ Nach deutlichem Widerspruch aller anderen Parteien, ging Limmer vom Podium. Ein Gesprächsangebot der Veranstalter schlug sie aus und verließ als Erste die Veranstaltung.