Mit dem Easymile durch die Region

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Wie halte ich Menschen, wie gewinne ich Menschen für eine Region? Die Mobilität zählt zu den Schlüsselthemen, wenn es um die Attraktivität einer Region geht. In Bad Birnbach (Kreis Rottal-Inn) startet die Bahn gerade ein Pilotprojekt, mit dem sie zeigen will, dass autonomes Fahren im öffentlichen Nahverkehr eine große Zukunft haben kann.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Das Projekt ist auch für Oberfranken vorstellbar, bestätigt Thomas Huber von der DB Regio Bus mit Sitz in Ingolstadt, der auf einem Fachforum von Oberfranken Offensiv in Scheßlitz über autonome Mobilität in ländlichen Räumen referierte. Wenn Bad Birnbach gut laufe, „dann kann das auch in Oberfranken nächstes Jahr passieren“.

Bis 2025, sagt Huber, werde sich das Mobilitätsverhalten der Menschen deutlich verändern. Autonome Busse und Shuttles, autonome Autos: „Was genau herauskommen wird, weiß heute noch keiner.“ Ein elektrifizierter Bus ohne Fahrer komme nur noch auf 20 bis 30 Prozent der Kosten eines Verbrenners mit Fahrer. Das mache viele neue Strecken möglich, die heute uninteressant sind.

Mobilität auf Knopfdruck

Im September startet das autonome Shuttle des französischen Herstellers Easymile in Bad Birnbach, fährt im Halbstundentakt, bindet alle Züge an. Bad Birnbach steht stellvertretend für viele Orte im ländlichen Raum wie eben auch in Oberfranken. Für die zunächst 1,3 Kilometer lange Strecke braucht das Shuttle, das zur Sicherheit einen Operator an Bord hat, acht Minuten. Später soll auf 2,7 Kilometer (16 Minuten) verlängert werden.

Das autonome E-Vehikel, das über Nacht an der Steckdose aufgeladen wird, war in der Vor-Phase mit zehn km/h noch sehr langsam unterwegs, soll aber künftig mit 20 km/h zum Bahnhof tuckeln. Hintergrund: Eine Vollbremsung darf die Insassen nicht gefährden.

Im neuen Markt für Mobilität tummeln sich auch prominente Newcomer. Wie etwa Google. Die haben die Daten, wissen, was die Leute wollen, fahren sie hin. Huber kann sich für die Zukunft eine Mobilität On-Demand, also auf Knopfdruck vorstellen.  Mit Robo-Taxis, fahrerlosen Kleinbussen oder Carsharing mit der Verfügbarkeit eines Taxis. Aus dem bisherigen motorisierten Individualverkehr und dem öffentlichen Verkehr werde mehr und mehr ein individueller öffentlicher Verkehr.

Im Flächenbezirk Oberfranken sind viele Menschen aufs Auto angewiesen, weil öffentliche Verkehrsmittel entweder gar nicht zur Verfügung stehen oder die wenigen Verbindungen auch wenig attraktiv sind.

Eine Bahn schreibt Erfolgsgeschichte

Wie man Bahnangebote interessanter machen kann, sagte Martin Clementi, Projektmanager bei der Südtiroler Transportstrukturen AG in Bozen. Das ländlich strukturierte Südtirol, das sich selbst zum begehrtesten Lebensraum in Europa machen möchte, hat seine Vinschgerbahn in der Region Meran vor über zehn Jahren wiederbelebt und eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Wie man das macht?

Huber nennt ein Bündel an Maßnahmen, die die neue, alte Bahnverbindung zum Renner werden ließ:  Eine ansprechende Architektur auf den Bahnhöfen, Überdachung der Bahnsteige, nahtloses Umsteigen durch exaktes Abstimmen mit den Bus-Zubringern, helle und freundliche Züge mit großen Panoramafenstern, barrierefreie Zugänge zu den Zügen. Mit 500.000 bis 600.000 Fahrgästen hatte man anfangs gerechnet. Mittlerweile nutzen knapp zwei Millionen jedes Jahr diese Bahn.

An moderne Zeiten angepasst

Weshalb nun auch neu investiert wird: in größere Züge und die Elektrifizierung der gesamten Strecke. Dafür gibt es viel Fördergeld von der EU. Ticketing und Tarife sind den modernen Zeiten angepasst. Vom alten Tarifdschungel hat man sich verabschiedet. Mit dem Südtirol-Pass steigt man in den Zug, führt die Karte beim Ein- und Aussteigen kontaktlos über ein Lesegerät. Abgerechnet wird nach gefahrenen Kilometern. Die Karte kann auch für Busse und Seilbahnen verwendet werden. Mit ihren innovativen Ansätzen treibt die kleine Vinschgerbahn die große Staatsbahn vor sich her, was durchaus gewollt ist.

60 Prozent der Menschen arbeiten nicht an dem Ort, an dem sie wohnen, sagt Staatsministerin Melanie Huml, die auch Vorsitzende von Oberfranken Offensiv ist. Sie müssen pendeln, gerade auch in Oberfranken und sind auf gute Verbindungen angewiesen. Autonomes Fahren mit dem öffentlichen Nahverkehr kann Regionen wie Oberfranken attraktiver machen, wenn die Möglichkeiten, die die neue Technik künftig bietet, intelligent genutzt werden. Mal sehen, ob Easymile demnächst auch in Oberfranken fährt.