Bitkom warnt vor Eingriff in Facebooks Geschäftsmodell
Vom Digitalverband Bitkom kam hingegen Kritik: Der Versuch, eine große Plattform zu regulieren, werde wieder einmal negative Folgen für kleine Unternehmen, Verlage und Internet-Nutzer haben. Denn sie profitierten zum Beispiel von den „Like“-Buttons.
Das Kartellamt wirft Facebook vor, seine marktbeherrschende Stellung für unzulässige Vertragsbedingungen zu nutzen. „Facebook vermisst den Nutzer bis ins Detail“, sagte Mundt. Es komme auch nicht darauf an, dass für die Nutzung von Facebook kein Geld bezahlt werden müsse. „Die Daten sind das Öl, dass die Internetwirtschaft schmiert“, betonte der Kartellamtschef. „Die Daten haben einen hohen Wert. Deshalb ist das Wort kostenlos in diesem Zusammenhang auch unangebracht.“
Facebook sieht sich selbst nicht in marktbeherrschender Stellung
Facebook kontert, das Online-Netzwerk sei zwar populär, aber habe keine marktbeherrschende Stellung. „Das Bundeskartellamt unterschätzt den starken Wettbewerb, dem wir in Deutschland ausgesetzt sind“, heißt es in einer Mitteilung des Online-Netzwerks. Zudem sei das Kartellamt gar nicht zuständig. Facebook halte sich an die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), für deren Kontrolle die irische Datenschutzbehörde zuständig sei. Der Beschluss des Bundeskartellamts laufe hingegen Gefahr, den europäischen Rechtsrahmen zu untergraben, indem er das datenschutzrechtliche Schutzniveau von der Größe des betroffenen Unternehmens abhängig mache.
Eine entscheidende Frage in dem Verfahren wird sein, wie man den Markt für soziale Netzwerke überhaupt definiert - denn das ist nicht so eindeutig wie bei klassischen Industrien. Das Bundeskartellamt entschied sich für eine enge Auslegung und zählt Berufsnetzwerke wie Xing und LinkedIn, aber auch Plattformen wie Snapchat, Twitter oder YouTube nicht dazu. „Zu Facebook gibt es aus unserer Sicht keine Alternativen“, sagte Mundt.
Facebook-Konkurrenz in der Bedeutungslosigkeit verschwunden
Bei Netzwerken, die von der Funktionsweise letztlich wie Facebook sind, waren in den vergangenen Jahren diverse Konkurrenten wie StudiVZ oder Google+ nach und nach in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Aus Sicht von Facebook müssen aber die anderen sozialen Medien, die das Kartellamt außen vor lässt, mit in die Rechnung einbezogen werden. Der wahre Wettbewerb sei um die Aufmerksamkeit der Nutzer.
Facebook hat in Deutschland nach jüngsten Angaben zufolge rund 32 Millionen mindestens einmal im Monat aktive Nutzer, 23 Millionen greifen täglich auf den Dienst zu. Das Online-Netzwerk argumentiert, 40 Prozent der Nutzer sozialer Medien verwendeten Facebook gar nicht, das habe auch das Bundeskartellamt selbst festgestellt.
Facebook begründet Verknüpfung von Daten mit Datenschutz
Das Kartellamt begründet seine Einschätzung der Marktbeherrschung unter anderem mit „Netzwerkeffekten“ - wo viele Nutzer sind, zieht das mehr Nutzer an. Außerdem gibt es den sogenannten „Lock-In“ - es ist schwer, einen Dienst zu verlassen, wenn es keine Alternativen gibt.
Facebook gibt zudem zu Bedenken, die auf fremden Websites erhobenen Daten würden auch genutzt um gefälschte Accounts zu entdecken oder um Konten zu sperren, die im Zusammenhang mit Terrorismus, Kindesmissbrauch, oder der Manipulation von Wahlen stünden. Der Austausch von Daten zwischen verschiedenen Diensten des Facebook-Konzerns sei wiederum nötig, um sie überall zu löschen. Daten, die bei der Nutzung von Facebooks Kern-Plattform selbst anfallen, sind bisher ausdrücklich nicht Gegenstand der Untersuchung des Kartellamts.