Mezzosopranistin Mayer "Man ist als Sängerin nie fertig"

Von Jörg Schurig,
Die Mezzosopranistin Christa Mayer. Foto: Klaus Gigga/Semperoper Dresden/dpa Quelle: Unbekannt

DRESDEN/BAYREUTH. Die Sängerin Christa Mayer gehört zu den Publikumslieblingen auf Opernbühnen in Bayreuth, Dresden und anderswo. Bei Richard Wagner fühlt sie sich besonders wohl - und beim Liedgesang.

 
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Die Mezzosopranistin Christa Mayer tritt demnächst an der Semperoper in Dresden als Liedsängerin auf. Beim Heimspiel an ihrem Stammhaus interpretiert die international geschätzte Künstlerin am 26. Februar spätromantisches Repertoire. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht sie auch über gute Regisseure und Richard Wagner.

Sie haben seit 2001 ein festes Engagement an der Semperoper Dresden. Für einen Star ist eine feste Bindung eher selten, oder?

Christa Mayer: So lange an einem Haus zu bleiben, entspricht meinen Naturell. Die Semperoper mit ihrer wunderbaren Akustik, mit großartigen Kollegen auf der Bühne und im Graben die Staatskapelle Dresden - das ist wie ein Sechser im Lotto. Schließlich ist ein Festengagement auch eine Frage der Existenzsicherung. Mit zunehmendem Alter wird die Freiberuflichkeit nicht einfacher, weil ständig neue junge Sänger auf den Markt drängen. Ich bin zuversichtlich, diesem Haus noch viele Jahre verbunden zu sein und später auch im Charakterfach auf bestem Niveau arbeiten zu können. Ich mache hier tolle Konzerte und Rollen verschiedenster Couleur, bekomme aber auch Freiraum für meine Gastverpflichtungen.

Konnten Sie Ihre Karriere planen?

Mayer: Wenn ein neuer Stern am Opernhimmel entdeckt wird, übernimmt meist eine Plattenfirma oder Agentur die Karriereplanung. Der Sänger selber kann natürlich mitbestimmen, was er möchte und was nicht, hat in gewisser Weise aber auch zu funktionieren. Wie viel Mut hat man als junger Sänger, Nein zu sagen? Bei mir hat sich die Frage zum Glück so nicht gestellt. Ich kam gleich nach dem Studium hierher und habe mit kleinen Rollen begonnen. Dresden bot mir Raum zur Entwicklung. Ich kam nicht in die Versuchung, zu früh zu viel zu machen.

Wird man im Studium ausreichend auf eine Karriere vorbereitet?

Mayer: Man ist sich am Anfang der späteren Realität eines Berufes nicht bewusst. Im Rückblick sehe ich etliche Sänger, die scheinbar viel begabter waren als ich und nach dem Studium kein Engagement gefunden haben. Feste Engagements sind rar gesät, obwohl wir in Deutschland mit den Ensemblehäusern privilegiert sind. Doch es gibt unheimlich viele Bewerber auf eine Stelle. In kleineren Häusern singen oft fantastische Leute. Man braucht also auch in diesem Beruf viel Glück, muss zur rechten Zeit am rechten Ort sein.

Wie viel Prozent macht bei Ihnen sängerisches Handwerk aus?

Mayer: Handwerk, sprich Technik, ist bei mir auf jeden Fall dabei. Ich arbeite immer noch mit einem Lehrer, habe nie in Erwägung gezogen, das nicht zu tun. Es gibt auch Kollegen, die das nicht brauchen. Ich weiß genau, woran ich weiter zu arbeiten habe. Man ist als Sängerin nie fertig.

Gibt es ein Erlebnis, was Sie zum Gesang getrieben hat?

Mayer: Ich komme nicht aus einer typischen Klassik-Familie. Bei uns hat eher die Volksmusik den Ton angegeben. Die Klassik hat in der Kindheit und Jugend eigentlich keine Rolle gespielt, eher der Kirchen- und Chorgesang. Mit 17 hat mich meine Chorleiterin zur Bayerischen Singakademie geschickt. Da kamen begeisterte junge Leute für Arbeitsphasen in den Ferien zusammen. Das war ein absolutes Initialerlebnis, mit 60 Leuten im Alter von 17 bis 25 zusammen Chormusik zu machen und eine Stimmbildung zu bekommen. Ab da war das Feuer gelegt. Meine besten Freunde stammen aus dieser Zeit.

Richard Wagner zu Singen ist Hochleistungssport. Was fasziniert sie daran so sehr?

Mayer: Es die Verbindung von Text und Melodie, dass man am Wort entlang den Klang produzieren kann. Das ist mir sehr vertraut, auch durch meine Ausbildung. Bei Wagner muss ich nicht lange nachdenken, wie ich Phrasen entwickeln kann.

Was schätzen Sie am Liedgesang?

Mayer: Da gibt es eine große Intimität. Im vergangenen Sommer habe ich in der Villa Wahnfried gesungen, vor 150 Leuten. Man konnte jeden einzelnen anschauen. Das sind wunderbare Momente. Auch das Publikum kann sich bei einer solchen Gelegenheit mal länger auf eine Stimme einlassen und sie in verschiedenen Farben erleben. Das ist eine tolle Sache, wie ein Wannenbad. Oper ist dagegen für den Zuhörer manchmal wie ein Whirlpool.

Ist es für Sie ein Problem, wenn sich der Regisseur weit vom Werk entfernt?

Mayer: Das ist nicht immer einfach. Es passiert leider selten, dass ein völlig umgedrehtes Stück am Ende noch stimmig ist. Bei den Proben kann man dennoch viel lernen. Gute Regisseure zeigen einem für sechs Wochen eine andere Welt. Als zum Beispiel Sebastian Baumgarten in Dresden inszenierte, bin ich mit anderen Augen und neuen Eindrücken durch die Straßen gelaufen. Ich will mit jungen Regisseuren nicht zu hart ins Gericht gehen. Aber manches ist mir zu sehr auf Außenwirkung bedacht, hier noch ein Video und da noch ein Effekt. Die Leistung des Sängers, die Beziehung der Figuren, verkommt so zur Nebenrolle. Das finde ich traurig. Wenn das Normalität wird, weiß die nächste Generation von Regisseuren gar nicht mehr, dass es auch anders geht.


Zur Person

Christa Mayer stammt aus Sulzbach-Rosenberg in der Oberpfalz und hat als Mezzosopranistin international Karriere gemacht.

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