Bund-Länder-Beratungen heute Wie wird der Dezember, wie wird Weihnachten?

BERLIN. Der Teil-Lockdown hat bisher weniger gebracht als erhofft - deswegen geht es wohl erstmal so weiter. Details wollen Kanzlerin Merkel und die Länderchefs nun klären. Dazu gibt es verschiedene Ansichten. Immer fest im Blick dabei: das Weihnachtsfest.

 
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Die Menschen in Deutschland müssen sich auf eine Verschärfung des Teil-Lockdowns in der Corona-Pandemie einstellen - dürfen aber auf Lockerungen zu Weihnachten hoffen. Vor den Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder am Dienstagnachmittag zeichnet sich ab, dass Beschränkungen für persönliche Kontakte und andere Bereiche noch einmal strenger werden, um das Infektionsgeschehen bis zu den Feiertagen besser in den Griff zu bekommen. Derzeit ist es auf hohem Niveau relativ stabil, die Zahl der gemeldeten Corona-Todesfällen binnen 24 Stunden stieg auf den Höchststand von 410.
Merkel und die Länderchefs wollten sich am frühen Nachmittag (Beginn 14.00 Uhr) zu einer Video-Konferenz zusammenschalten und anschließend über die Ergebnisse informieren. Am Donnerstag will die Kanzlerin zudem im Bundestag über das weitere Vorgehen in der Corona-Krise sprechen.

Vorab war deutlich geworden, dass an den Weihnachtstagen etwas mehr persönliche Begegnungen erlaubt werden dürften als derzeit. Wie weit solche Lockerungen auch an Silvester gelten, ist aber noch fraglich. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich für strenge Kontaktbeschränkungen auch über Silvester aus - anders als von den meisten Ländern angestrebt. "Denn Weihnachten ist das Fest der Familie, Silvester natürlich mehr das Fest der Freunde", sagte er im ARD-«Morgenmagazin». Ihm sei lieber, dass man über den Jahreswechsel konsequenter sei als über Weihnachten.

Unklar ist auch, ob Restaurants und Hotels über die Feiertage und über den Jahreswechsel wieder öffnen dürfen, sowie weitere Details. Die Länder hatten sich vorab auf eine Linie verständigt, der Bund hat eigene Vorstellungen ergänzt. Am Vormittag schalteten die Ministerpräsidenten sich zu einem Vorgespräch zusammen.
Unstrittig ist, dass Kontaktbeschränkungen ab Dezember verschärft werden sollen. Vom 23. Dezember bis zum 1. Januar soll es jedoch zu Lockerungen kommen. Die Zahl der gemeldeten Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden lag nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom Mittwoch bei 18 633. Das waren gut 1000 Fälle mehr als vor einer Woche, wie aus Angaben des RKI vom Mittwochmorgen hervorgeht.

Der Teil-Lockdown wirke "etwa halb so stark, wie wir gerechnet haben", sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach im ARD-«Morgenmagazin». Grund seien Infektionsherde etwa in Schulen.

Derweil wird die geplante Abgabe günstiger FFP-2-Schutzmasken an Menschen aus Risikogruppen konkreter: Der Gemeinsame Bundesausschuss des Gesundheitswesens hat eine Eingrenzung der Gruppen mit Risiken für schwere und tödliche Verläufe erstellt. Insgesamt dürften es 27,35 Millionen Menschen sein, wie es in der Stellungnahme heißt, die der dpa vorliegt. Dazu zählen 23,7 Millionen Menschen ab 60, Menschen mit Vorerkrankungen, Risikoschwangerschaften oder Übergewicht. Die Stellungnahme soll nun Grundlage für eine Verordnung sein.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) warb erneut dafür, die Schulen offen zu lassen - was auch geplant ist: «Der Küchentisch zu Hause in einer Zwei- oder Drei-Zimmerwohnung ist nicht der bessere Lernort. Der beste Lernort ist die Schule», sagte er im Landtag. Heute gehe es nicht um Öffnungsschritte, die Gefahr eines Rückfalls sei zu groß, erklärte er zu den Beratungen.

Die wichtigsten Maßnahmen, bei denen Bund und Länder weitgehend übereinstimmen:

TEIL-LOCKDOWN: Die Schließung von Kneipen, Restaurants, Kultur- und Freizeiteinrichtungen soll bis mindestes 20. Dezember verlängert werden. Alle nicht notwendigen Kontakte und Reisen sollen weiter unterbleiben. Der Groß- und Einzelhandel bleibt geöffnet - allerdings soll die Maskenpflicht nun auch vor Geschäften und auf Parkplätzen gelten. Bei einer Inzidenz von «deutlich» unter 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen und wenn weitere Bedingungen erfüllt sind, sollen Länder hiervon abweichen können.

FINANZHILFEN: Die Novemberhilfen für vom Teil-Lockdown betroffene Firmen und Einrichtungen sollen im Dezember fortgeführt werden. Der Bund plant Finanzhilfen im Umfang von voraussichtlich 17 Milliarden Euro, wie die dpa aus Regierungskreisen erfuhr.

KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN: Die Kontaktbeschränkungen sollen verschärft werden. Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten sind demnach auf den eigenen und einen weiteren Haushalt und in jedem Fall auf fünf Personen zu beschränken, Kinder bis 14 ausgenommen.

KONTAKTREGELN FÜR WEIHNACHTEN UND SILVESTER: Vom 23. Dezember bis 1. Januar sollen Treffen eines Haushaltes mit haushaltsfremden Familienmitgliedern oder haushaltsfremden Menschen bis zu zehn Personen erlaubt werden. Kinder bis 14 Jahren zählen nicht mit.

FEUERWERK: Silvesterfeuerwerk auf belebten Plätzen und Straßen wird untersagt, um größere Gruppen zu vermeiden. Die örtlichen Behörden sollen die betroffenen Plätze und Straßen bestimmen. Grundsätzlich wird "empfohlen", zum Jahreswechsel auf Feuerwerk zu verzichten.

BETRIEBSFERIEN: Arbeitgeber sollen prüfen, ob Betriebsstätten durch Betriebsferien oder großzügige Homeoffice-Lösungen vom 23. Dezember bis 1. Januar schließen können.

SCHULEN UND KITAS: Kinderbetreuung und Schulen sollen offen bleiben. In Regionen mit deutlich mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen soll aber künftig ab Klasse 7 Maskenpflicht auch im Unterricht gelten. Für Grundschüler, Fünft- und Sechstklässler soll eine solche Pflicht eingeführt werden können.

SCHUTZ VON RISIKOGRUPPEN UND SCHNELLTESTS: Der Schutz von Risikogruppen soll verbessert werden. Für Pflegebedürftige in Einrichtungen soll es ab dem 1. Dezember 30 Schnelltests pro Monat geben. Je nach Verfügbarkeit wird es noch mehr.


Weitergehende Vorstellungen des Bundes:

GESCHÄFTE: Nach Vorstellung des Kanzleramts soll sich in Geschäften höchstens ein Kunde pro 25 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten - bislang ist es ein Kunde pro 10 Quadratmeter.

BAHNVERKEHR: Um den Reiseverkehr sicherer zu machen, soll die Zahl der belegten Plätze in Zügen deutlich verringert werden. Für die Wintermonate sollen grundsätzlich nur noch alle Fensterplätze reservierbar sein. Zugleich soll aber die Kapazität der Züge erhöht werden. Eine Reservierungspflicht in der Bahn gibt es bislang nicht.

TESTS: Bei Erkältungssymptomen vor Weihnachten soll nach Vorstellung des Bundes eine großzügigere Testmöglichkeit angeboten werden. FDP-Chef Christian Lindner warnte vor neuen Beschränkungen für den Einzelhandel. Der Zutritt in Geschäfte dürfe nicht noch weiter reduziert werden, sagte er am Mittwoch der dpa, der Vorschlag des Kanzleramts sei "überzogen". Für gesundheitlich Gefährdete wären zudem exklusive Zeitfenster im Handel und Taxigutscheine sinnvoll, damit diese nicht den öffentlichen Nahverkehr nutzen müssten.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, forderte langfristige und bundesweit einheitliche Corona-Regeln je nach Infektionsgeschehen. Die Debatten zwischen den Ländern in den vergangenen Wochen hätten zu Unsicherheit bei den Menschen geführt. "Man verliert die Übersicht, und man verliert die Nerven", sagte sie im ARD-"Morgenmagazin".  

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