Hof bleibt doof, da helfen keine Filme", höhnte Rainer Werner Fassbinder 1970 bei einem der wenigen Besuche, die er der Stadt abstattete: Da gab er, zum einzigen Mal, den Internationalen Filmtagen persönlich die Ehre, um seinen dritten Spielfilm vorzustellen, "Götter der Pest", ein Gangsterdrama. Dass sich der Künstler so unwirsch äußerte, war Reaktion auf einen Platzverweis: Hochkant war er aus einem Hotel hinausgeflogen, nachdem er sich dort, gelinde gesagt, ungebührlich verhalten hatte. Postum kehrte er 1994 mit "Martha" nach Hof und zum Festival zurück, da war der Film freilich schon 21 Jahre alt. Indes suchte er auch als Regisseur die Stadt noch einmal auf: 1976 drehte er hier Szenen des Fernseh-Zweiteilers "Bolwieser", in dem der sexhungrige Titelheld mit Recht befürchtet, seine Frau könne ihn mit einem anderen betrügen. Für Furcht war der Filmemacher Spezialist. "Angst essen Seele auf" heißt, längst sprichwörtlich, sein Migrations- und Integrationsdrama von 1973, das von einer doppelt unmöglichen Liebe erzählt: Eine Deutsche liebt einen Marokkaner, sie ist dabei, alt zu werden, und er zu jung für sie. Gerade dieser Stoff verlor nie seine Nähe zur bundesdeutschen Realität; derart treffend passt er zur Gegenwart in Deutschland und Europa, dass er Ende Januar im Neuen Theater in Halle höchst erfolgreich als Schauspiel herauskam. Bis Fassbinder, erst 37-jährig, 1982 in München starb, arbeitete er dem Kino und dem Fernsehen unaufhaltsam, wie besessen zu: "Schlafen kann ich, wenn ich tot bin." Auf 41 Produktionen in nur vierzehn Jahren blickt heute Abend um 23.10 Uhr der Kulturkanal Arte im Rahmen seines "Schwerpunkts" zu den Berliner Filmfestspielen zurück. Auf die Gefahr von Anschlägen während des aktuellen - morgen in der Hauptstadt beginnenden - Festivals angesprochen, antwortete sein Leiter Dieter Kosslick mit einem Ausspruch Fassbinders: "Terror kann nicht so grausam sein wie die Angst vor dem Terror."
Meinungen Fachmann für Furcht
Michael Thumser 07.02.2017 - 21:48 Uhr