Mehr als 20 Stationen Bayreuth blättert - Ein Lesefest für alle

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Kinder der vierten und zweiten Klasse der Luitpoldschule lesen bei „Bayreuth blättert“ aus ihrem selbst geschriebenen Buch vor. Die Veranstalter Klaus Wührl-Struller (links) und Katharina Fink (rechts) kündigen die kleinen Autoren an. Foto: Martin Burger Foto: Moritz Kircher

BAYREUTH. Lesen ist mehr als nur ein Buch aufzuschlagen und in der Geschichte, die es erzählt, zu versinken. Lesen ist für alle und das wichtige daran mit allen Sinnen. Das erste Lesefest „Bayreuth blättert“ rief am Samstag die Bürger dazu auf, das eigene Gefühl für jede Art des Lesens wiederzuentdecken. Katharina Fink und Klaus Wührl-Struller hatten ein großes Programm aufgestellt. An über 20 Stationen konnten die Gäste des Festes kreativ mitwirken und Lesungen besuchen.

 
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Die Idee für das Fest entstand durch einen Zufall. Klaus Wührl-Struller wollte für seinen Enkel in Tübingen Schuhe kaufen. Zu diesem Zeitpunkt veranstaltete die Stadt ein Lesefest. „Ich kam danach heim und habe die Idee eines eigenen Festes an Katharina geschrieben. Sofort kam die Antwort: Das machen wir! Wann treffen wir uns“, sagte Wührl-Struller. Nach und nach engagierten sich immer mehr Leute für das Projekt und brachten neue Ideen mit. „Wir haben damit offene Türen eingerannt“, sagte Wührl-Struller. Der Inklusionsgedanke sei das Wichtigste. Lesen kann viel mehr sein. Es kann Gebärdensprache, Tasten oder Zuhören sein. Dafür standen auch die 21 Stationen, die verteilt in der gesamten Innenstadt zu finden waren.

Die Kuh Bertha, die Draufgängerbiene Jacksonm und der Löwe Heinz-Rüdiger

Eine von den vielen war die Station Nummer drei, an der Schulkinder der zweiten und vierten Klasse der Luitpoldschule aus einem Buch vorlasen. Das Besondere an dem Buch ist, dass die Geschichten und die Bilder darin von den Kindern selbst verfasst wurden – eine Art Autorenlesung sozusagen. „Willkommen im Club“, riefen Amelie und Marie, zwei der jungen Autoren des Buches, den Besuchern entgegen.

Direkt an der Zentralen Omnibushaltestelle lauschten die Besucher, Passanten und Eltern den Kindern und ließen sich die aufregenden Geschichten vorlesen. Es geht um die Kuh Bertha, die Draufgänger-Biene Jackson und um einen laut brüllenden Löwen namens Heinz-Rüdiger. Eine Abenteuergeschichte mit allem Drum und Dran. Die Besucher waren begeistert. Am Ende der Vorlesung bedankt sich Wührl-Struller bei den Kindern mit den Worten: „Vierte Klasse. Zweite Klasse. Einfach erste Klasse!“

Die "Walküre" in einfacher Sprache

Es gab viel zu sehen und zu bestaunen und das Angebot wurde gerne wahrgenommen. So kreierten die Besucher an der Station vier einen Gemeinschaftscomic, lauschten den Worten von Heiner Hartmann an Station 15 oder gönnten sich Wagners „Walküre“ in einfacher Sprache an Station elf. Letzteres war ein gemeinschaftliches Werk von Ehrenamtlichen, des Vereins Rote Katze und der Bfz gGmbH.

Für Bayreuth blättert wurde die Walküre übersetzt und interpretiert, ohne dass der Sinn verloren gehe. „Nur hier und heute. Die Walküre so, dass sie sie als Wagnerfreundin oder Wagnerfreund oder auch als einfacher Mensch verstehen“, sagte Wührl-Struller vor der Lesung des Werkes.

Ehrengast Julia Weldon

Der große Höhepunkt kam am Abend, als Fink dem Publikum im Iwalewahaus den Ehrengast ankündigte. Julia Weldon betrat die Bühne. Das Multitalent aus den USA ist die Enkeltochter von Hilde Marx, einer Schriftstellerin und Poetin, die in den Dreißiger Jahren in die USA übersiedelte, um der Verfolgung zu entgehen.

Sie gehe nun auf den selben Wegen wie ihre Großmutter, sagte die kreative Enkeltochter. „Es ist surreal und hart zugleich, sich das Ganze vorzustellen, dass sie durch diese Straßen gelaufen ist – es ist sehr emotional“, sagte Weldon. Es sei ein kulturelles Erbe, das sie erforschen möchte. „Ich werde definitiv wiederkommen und eine Tour starten“, sagte Weldon, „In Deutschland behandelt man Künstler einfach viel besser.“ Mit einem musikalischen Abschluss an der Gitarre und am Piano verabschiedete sich die Künstlerin von ihrem Publikum.


Umfrage: Das sagen die Besucher von Bayreuth blättert

Marianne Esser (69 Jahre) aus Hummeltal: Ich finde das ganze Projekt wunderbar. Es ist für jeden etwas dabei. Was mich beeindruckt hat war, was die Kinder zusammengeschrieben und gemalt haben. Ich habe beim Bücherhaus drei Bücher schweren Herzens abgegeben. Bücher, die mich begleitet und fasziniert haben.
Alexandra Scherck (35) aus Bayreuth: Wir haben einen Mitwirkenden getroffen, der uns zur Station 4 gelotst hat, an dem der Gemeinschaftscomic entsteht. Ich finde das Fest sehr schön. Dass man Kinder animiert, ihre Fantasie spielen zu lassen, damit sie nicht nur am Handy hängen.
Emilia Zdebel (7) aus Bayreuth: Ich finde es hier sehr schön. Mir gefällt es, dass ich Schreiben und Malen darf. Es geht um Paul. Der trifft einen Geist – einen Gruselgeist. Der schickt Paul in ein Zimmer und dort erwarten ihn ganz viele weitere Gespenster. Aber ich bin noch nicht fertig mit der Geschichte.
Christine Thorwarth (47) aus Bayreuth: Es war alles sehr beeindruckend. Ich finde, die Kinder an der Station elf waren sehr mutig. Deren Geschichte war einfach toll. Dieses Fest ist eine Bereicherung für die Stadt Bayreuth. Ich wünsche mir einfach, dass dieses Fest nächstes Jahr wieder veranstaltet wird.

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