Sämtliche Sternensysteme, also Galaxien und Galaxienhaufen im Kosmos, bewegen sich nicht zufällig: Sie folgen unsichtbaren Strömungen, die von großräumigen Unterschieden der Materiedichte gelenkt werden.
Diese Meldung dürfte Astronomie-Fans elektrisieren: Die Milchstraße ist womöglich doch nicht Teil des Laniakea-Superhaufens – jener Megastruktur, die bisher als unsere kosmische Heimat galt. Stattdessen könnte sie zum sehr viel größeren Shapley-Supercluster gehören, wie Forscher vermuten.
Sämtliche Sternensysteme, also Galaxien und Galaxienhaufen im Kosmos, bewegen sich nicht zufällig: Sie folgen unsichtbaren Strömungen, die von großräumigen Unterschieden der Materiedichte gelenkt werden.
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Massereiche, dichte kosmische Großstrukturen wie der Laniakea- und Shapley-Superhaufen (auch Supercluster genannt) oder der 1,3 Milliarden Lichtjahre lange Sloan Great Wall fungieren dabei als Schwerkraftsenken – sogenannte Attraktoren –, die Galaxien in großem Umkreis durch Gravitation zu sich hin lenken.
Galaxienarme Voids oder der Dipol-Repeller lassen Galaxien hingegen von sich wegströmen.
Doch welche dieser Megastrukturen prägen das lokale Universum rund um unsere Milchstraße? Astronomen um Aurelien Valade von der französischen Universität Marseille und dem Leibniz Institut für Astrophysik in Potsdam haben das jetzt genauer untersucht.
Dafür nutzten sie Daten des Cosmicflows-4 Survey, einer Art Galxien-Atlas, der Lage und Bewegung von rund 56.000 Galaxien im Umkreis von rund einer Milliarde Lichtjahren enthält.
Ihre Studie ist im aktuellen Fachmagazin „Nature Astronomy“ erschienen.
Die Forscher erstellten ein dreidimensionales Modell (siehe die Grafiken), das die Strömungen und gravitativen Megastrukturen im lokalen Universum in zuvor unerreichter Genauigkeit zeigt. Vor allem die Grenzen zwischen den einzelnen Einzugsgebieten dieser Attraktoren seien nun deutlich präziser kartiert als zuvor, erklären Valade und seine Kollegen.
Insgesamt identifizierten sie 17 große Gravitationssysteme in der kosmischen Umgebung der Milchstraße.
Eines dieser Systeme ist dabei besonders: „Der Sloan Great Wall und die mit ihm verknüpften Strukturen sind überwältigend dominant“, erläutern die Wissenschaftler. Das Einzugsgebiet dieses Superclusters umfasst rund eine halbe Milliarde Kubik-Lichtjahre.
Wo unter diesen Super-Systemen befindet sich die Milchstraße? Bisher galt unsere Heimatgalaxie als Teil des Laniakea-Supercluster. Doch die Forscher bezweifeln dies. „Die mit der Milchstraße verbundenen Strömungen bewegen sich auf zwei verschiedenen Senken zu. Und der bevorzugte Endpunkt ist das Gebiet des Shapley-Superclusters mit 58 Prozent.“ Nur rund 40 Prozent der Strömungen endeten dagegen im Gebiet des Laniakea-Superclusters.
Das könnte bedeuten, dass unsere Milchstraße gar nicht zu Laniakea, sondern stattdessen zusammen mit größeren Teilen des Laniakea-Superclusters der übergeordneten Megastruktur des Shapley-Attraktors angehört, resümieren die Forscher.
Dieses Mega-System wäre dann unsere eigentliche kosmische Heimat. „Es ist spannend, dass wir mit großer Wahrscheinlichkeit Teil einer viel größeren Struktur sind“, sagt Mitautor Noam Libeskind vom Leibniz-Institut für Astrophysik.
Struktur des Kosmos
Die Verteilung von Materie im Universum ist von einem Netz großräumiger, wabenartiger Strukturen geprägt. Dichte Filamente und riesige Klumpen von Gas und Galaxien wechseln sich dabei mit größtenteils leereren Bereichen ab. Die Struktur des Kosmos ist durch die großräumige Anordnung und Verteilung der Materie gekennzeichnet. So sind Sterne in Galaxien zusammengefasst, Galaxien in Galaxienhaufen und diese wiederum in Supergalaxienhaufen, zwischen denen sich große Leerräume ( sogenannte Lokale Leere, englisch: Local Voids) befinden.
Supergalaxiehaufen
Der Laniakea-Supercluster, die kosmische Heimat unserer Milchstraße, ist Teil dieser kosmischen Grossstruktur. Dieser Supergalaxienhaufen umfasst rund 100 000 Galaxien, darunter auch die Milchstraße. Ihr Durchmesser beträgt 520 Millionen Lichtjahre.
Lokale Leere
Dieses Gebilde enthält neben der Lokalen Gruppe – der Name einer Ansammlung von Galaxien, deren größte die Milchstraße und die Andromedagalaxie sind – und dem Virgo-Galaxienhaufen auch den Lokalen Void – eine riesige, eher leere Zone im All in unserer unmittelbaren Nachbarschaft.
Virgo-Galaxiehaufen
Dieser Galaxienhaufen umfasst 1300 bis über 2000 Galaxien. Er liegt in Richtung des Sternbilds Jungfrau (Virgo). Sein Zentrum ist von der Milchstraße 54 Millionen Lichtjahre entfernt.