Marktredwitz Ein Leben voller Umbrüche und tragischer Verstrickungen

Uschi Geiger

Im Literarischen Café geht es um Ota Filip. Leonard Fuchs beschreibt ihn als bedeutenden Vertreter der tschechischen Exilliteratur.

 
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"Literarisch - satirisch - tragisch" hatte Leonhard Fuchs seinen Vortrag über den tschechischen Exilschriftsteller Ota Filip betitelt. Foto: Uschi Geiger

Marktredwitz - Wie gewohnt öffnete das Literarische Café mit dem Beginn der kalten Jahreszeit wieder seine Pforten, sehr zur Freude des treuen Publikums: Bis auf den letzten Platz war der Saal besetzt, den die Veranstalter unter den gebotenen Corona-Auflagen für 20 Personen hatten vorbereiten lassen. Nach der Erläuterung des Hygienekonzepts durch Johannes Geiger von der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) begrüßte Roswitha Budow den Referenten Leonhard Fuchs aus Berg bei Neumarkt, seines Zeichens ehemaliger Leiter der Ackermann-Gemeinde Regensburg, die mit dem Institutum Bohemicum Mitveranstalter des Literarischen Cafés ist.

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Es ging um den tschechischen Schriftsteller Ota Filip (1930 bis 2018), der zwar nicht sehr bekannt sei, wie Fuchs erläuterte, in dessen Lebensgeschichte es jedoch nicht an Umbrüchen und tragischen Verstrickungen mangele. Der gebürtige Ostrauer sei schon in jungen Jahren wegen systemkritischer Publikationen ins Visier des kommunistischen Staatsapparats geraten und habe als "ideologisch unzuverlässig" gegolten. Höhen und Tiefen habe das für den jungen Autor bedeutet: Gefängnis und Zwangsarbeit einerseits, der Literaturpreis seiner Heimatstadt andererseits. Im Jahr 1974 habe das Ganze in seiner Zwangsausbürgerung gegipfelt. "Da Filip zweisprachig aufgewachsen war, konnte er sich in seinem oberbayerischen Exil rasch etablieren; er arbeitete als Lektor, wurde Mitglied der Bayerischen Akademie der schönen Künste und nahm die deutsche Staatsbürgerschaft an." Sein letztes Lebensjahrzehnt sei überschattet worden von Vorwürfen wegen früherer Zusammenarbeit mit der tschechischen Staatssicherheit, was er schließlich auch eingeräumt habe. Sein Sohn Pavel habe deshalb den Freitod gewählt, ein Schlag, der Filip am Ende seines Lebens zu schmerzlichen Erkenntnissen geführt habe. "Das ist das Tragische seiner Vita", erklärte Fuchs, "er spricht von den Sünden der Väter, die die Kinder heimsuchen, und von der ungewissen Hoffnung, dass ihn sein geschriebenes Wort wenigstens ein paar Jahrzehnte überleben möge."

Filips wechselvolles Leben spiegle sich auch in seinem Schaffen wider: so im Roman "Café Slavia" (1985), der die Geschichte Prags von der Habsburger Monarchie bis zum Prager Frühling thematisiere, in Aufsätzen zum Brünner Todesmarsch ("Die stillen Toten unterm Klee", 1992) oder in mährischen Geschichten von skurrilem Humor ("Das andere Weihnachten", 2004). Der autobiographische Roman "Der siebente Lebenslauf" (2001) sei geprägt vom Versuch, seine Spitzeltätigkeit und die Härten der Einzelhaft zu erklären, seinem Sohn in immer wiederkehrenden Reflexionen gerecht zu werden. Satire, Humor, Bitterkeit, Tragik - das alles finde sich in den Werken Ota Filips, der sich insbesondere für die deutsch-tschechische Versöhnung eingesetzt habe.