Mann wegen Hass-Kommentar verurteilt

Von Kerstin Fritzsche
Wegen Volksverhetzung und Aufruf zu Gewalt an Flüchtlingen ist am Donnerstag vom Amtsgericht Lichtenfels ein 48 Jahre alter Mann aus Waldsassen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Archivfoto: dpa Foto: red

Nachdem ein 48 Jahre alter Mann aus Waldsassen Anfang September unter einen Artikel auf der Kurier-Facebook-Seite mit dem Thema Flüchtlinge in Bayreuth einen Hass-Kommentar geschrieben hatte, wurde er wegen Volksverhetzung vom Amtsgericht Lichtenfels am Donnerstag zu einer Geldstrafe verurteilt. Es ist bereits die zweite Verhandlung, die erfolgreich für den "Nordbayerischen Kurier" endete. In beiden Fällen hatte der Kurier die Kommentar-Schreiber angezeigt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

"Es war Dummheit", erklärte der Angeklagte am Donnerstag dem Richter. "Ich poste sonst nur für Freunde auf Facebook. Es war blöd, das öffentlich auf der Seite vom Nordbayerischen Kurier zu machen. Ich möchte mich dafür entschuldigen. Ich habe da den falschen Ton getroffen", so der 1967 geborene Handwerker und stellte sogleich klar, er sei "nicht rechtsradikal oder so". Es solle denen, die Hilfe brauchen, schon geholfen werden. Er sei nur so wütend gewesen, weil kurz zuvor "zwei Ausländer in Bayreuth versucht haben, eine Studentin zu vergewaltigen". 

Zustimmung innerhalb von wenigen Minuten

Ziemlich rechts und rassistisch war aber der Kommentar des Angeklagten auf der Facebook-Seite des Kurier unter einem Artikel, der durchreisende Flüchtlinge am Bayreuther Hauptbahnhof porträtierte. "Meiner Meinung nach sind das alles feige Schweine die lieber flüchten als um ihr Land zu kämpfen!!!warum kommen denn überwiegend männer??? und ihr haben sie die grosse fresse und bedrängen unsere Frauen und Kinder!!! Haut diesen feigen Schweinen in die fresse und steckt ihnen ihr eigenes Messer in den Arsch!!! und unsere drecks Stasi Regierung gleich mit!!!" schrieb der bullige 48-Jährige mit Glatze und aus dem Kragen ragenden martialischen Tattoos am 2. September.

Obwohl der Kommentar schnell entdeckt und gelöscht und sein Urheber auf der Kurier-Seite gesperrt wurde, erhielt er sogar noch Zustimmung: "Genau, flüchten ohne ihre Frauen Kinder. Und dann unsere Vergewaltigen wollen und sich am unsere Kinder Sexuell ran machen". Der Kurier gab den Vorfall an die Polizei weiter und stellte Strafanzeige gegen den Mann.

Zehn Minuten Verhandlung

Die Polizei ermittelte. Anfang November erging dann der Strafbefehl über eine Geldstrafe an den 48-Jährigen: Strafverhalt Volksverhetzung, Aufruf zu Gewalt an Flüchtlingen. Gegen diesen legte der Waldsassener Einspruch ein, so dass es dann am Donnerstag zur Verhandlung kam. Der Handwerker musste sich selbst verteidigen, weil sein Anwalt in Urlaub war und unentschuldigt fehlte. Nach entsprechendem Hinweis durch den Richter Stefan Hoffmann nahm der Angeklagte den Einspruch zurück. Es wäre ihn sonst teurer gekommen. Weil er alles sofort zugab, mussten die beiden geladenen Zeugen nicht aussagen. Der in der Region einschlägig polizeilich Bekannte erhielt  eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 15 Euro.

Die Erklärungen des Angeklagten reichen dem Staatsanwalt aber nicht. "Sie sagen, Sie posten sonst nur für Freunde. In Gruppen? Oder auf welchen öffentlichen Profilen bewegen Sie sich denn so?" Knappe, zögernde Antwort: "Eher gar nicht. Ich will mich eh von Facebook zurückziehen." Der Staatsanwalt hakte nach: "Sie waren nicht zufällig auf einer Seite aktiv, die '"Deutschland wehrt sich gegen Asyl-Missbrauch' heißt?" Der Angeklagte schwieg und zeigte keine Regung, so wie er die ganzen zehn Minuten der Verhandlung über keine Regung zeigte.

"Das Internet vergisst nichts"

Den strengen Blicken folgte die sanfte Belehrung: "Ich gebe Ihnen jetzt mal einen Tipp. Das Internet vergisst nichts. Und Facebook ist ein öffentliches Medium. Passen Sie auf, was Sie wo in welchem Ton schreiben!" Auch darauf keine Reaktion des 48-Jährigen. Nach der Verhandlung verließ er sofort den Saal.

Richter und Staatsanwalt beschäftigt der Fall, sie fürchten nach den aktuellen Silvester-Vorkommnissen in Köln und anderen Städten eine neue Welle des Hasses. "Ich vermute, das werden wir in nächster Zeit öfters zu verhandeln haben", sagte Richter Hoffmann mit gerunzelter Stirn. Und wenn man einmal irgendwo in sozialen Netzwerken grabe, könne man in vielen Fällen praktisch gar nicht mehr aufhören. Dann finde man immer wieder etwas in Facebook-Kommentaren, bei denen man sich fragen müsse, ob das strafrechtlich relevant sei.

Um so wichtiger, in den greifbaren Fällen aufzuzeigen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. In einem anderen Fall, bei dem der Kurier einen Hass-Kommentar auf Facebook zur Anzeige brachte, wurde Mitte Oktober ein 47-jähriger Mann aus Bayreuth ebenfalls wegen Volksverhetzung verurteilt. In dem Fall ging es um die vom Lichtenfelser Angeklagten erwähnte mutmaßliche Vergewaltigung einer Bayreuther Studentin, die nie nachgewiesen wurde. Die Ermittlungen wurden eingestellt.

Er hatte gepostet: „Deutsche erwachet, an die Waffen und das ganze Pack an der Grenze erschießen und zur Abschreckung liegen lassen, das spart auch den ungarischen Zaun.“. Die Redaktion sicherte den Kommentar, löschte ihn anschließend und erstattete Anzeige. Auch hier erließ das Gericht daraufhin einen Strafbefehl gegen den Mann verbunden mit einer Zahlung von 1.200 Euro. Auch hier wurde gegen den Strafbefehl durch den 47-Jährigen erst einmal Einspruch eingelegt. Er zeigte sich uneinsichtig und gab noch nach Ende der Verhandlung bekannt, in die NPD eintreten zu wollen.

Ebenfalls zum Thema:

Video-Kommentar: Warum wir Hass-Kommentare nicht dulden

Deutschland Hassland

Im Netz brodelt der Hass

Kommentar: Kommentar-Unkultur auf Facebook

Würzburger Anwalt zeigt Facebook an

Auch der SWR zeigt Nutzer wegen Facebook-Kommentaren an