Lorenz-Günther Köstner Ein Kind der Bundesliga

Dieter Bracke

Als Spieler aus der Landesliga in die Bundesliga, als Trainer von der Hofer Grünen Au bis ins Fußball-Oberhaus – Lorenz-Günther Köstner blickt auf eine große Karriere zurück. An diesem Sonntag wird der gebürtige Wallenfelser 70.

 
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Auf die Trainerbank wird Lorenz-Günther Köstner, der an diesem Sonntag 70 Jahre alt wird, wahrscheinlich nicht mehr zurückkehren. Foto: Imago/Peter Hartenfelser

Wallenfels/Hof - Er solle nicht so zurückhaltend und bescheiden auftreten, empfahl einst der Fußballtrainer Felix Magath seinem Kollegen Lorenz-Günther Köstner. Dessen Reaktion auf diesen wohlgemeinten Rat: „Ich muss mich nicht ändern, denn ich bin nun einmal kein Lautsprecher.“ Er ist damit gut gefahren, der gebürtige Wallenfelser, der am Sonntag seinen 70. Geburtstag feiert. Auf dem Rasen und später auch auf der Kommandozentrale am Spielfeldrand. Immerhin war es eine Seltenheit, dass ein Landesliga-Kicker den direkten Sprung in den Profifußball geschafft hat. Und darauf ist Köstner trotz aller Zurückhaltung doch stolz: „Darauf blicke ich auch heute noch gerne zurück.“

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Der Grundstock für die erfolgreiche Laufbahn wurde in der oberfränkischen Heimat gelegt. Von 1970 bis 1973 beim FC Bayern Hof und dem VfB Helmbrechts. Bei seinen ständigen Einsätzen in diversen Auswahlmannschaften machte Köstner durch starke Leistungen auf sich aufmerksam. Dass er bei der renommierten Borussia Mönchengladbach landete, nennt er schmunzelnd eine „kuriose Geschichte“. Eine absolut treffende Formulierung. Sie begann mit einem Probetraining am Bökelberg, bei dem der junge Mann aus Oberfranken einen guten Eindruck hinterließ. Er selbst aber war mit seinem Auftritt alles andere als zufrieden und trat die Heimreise an. „Aufgrund der vielen Nationalspieler bei der Borussia schwand bei mir das Selbstvertrauen“, begründet er seinen Schritt.

Kölner Schützenhilfe für Gladbach

Köstner hatte aber nicht damit gerechnet, dass Gladbachs Trainer Hennes Weisweiler von seinem Können überzeugt war und aktiv wurde: Als der „Flüchtling“ in Helmbrechts ankam, fand er ein Telegramm vor, in dem er zum deutschen Pokalendspiel zwischen der Borussia und dem 1. FC Köln in Düsseldorf eingeladen wurde. „Es war ein riesiges Erlebnis, das mit einer Kuriosität endete“, erinnert er sich. Unglaublich aber wahr: Beim Bankett sprach der Kölner Nationalspieler Wolfgang Weber ihn an und riet ihm, das Angebot der Borussia anzunehmen: „Mein Jung, eine solche Chance kriegst du ihm Leben nicht oft.“ Kölner Schützenhilfe für den Konkurrenten – ein unglaublicher Vorgang, aber mit einem Happy End: Lorenz-Günther Köstner landete am Bökelberg und bestritt für die Borussia 91 Erst- und 86 Zweitliga-Spiele und hatte auch Grund zum Feiern: 1975 wurde nicht nur der deutsche Meistertitel, sondern auch noch der Uefa-Pokal gewonnen. „Die Jahre bei der Borussia waren die schönsten in meiner Laufbahn. Noch heute habe ich Kontakte zu Mitspielern wie Jupp Heynckes oder Rainer Bonhof.“ Nach zwei Engagements bei Bayer Uerdingen und Arminia Bielefeld endete verletzungsbedingt die Aktivenzeit des Oberfranken.

Wie zuvor als Kicker startete Köstner seine Laufbahn als Trainer auf der „Grünen Au“. Vier Jahre lang war er bei den Hofer Bayern tätig. Und noch heute spricht er mit Hochachtung von ihnen: „Sie haben Unglaubliches geleistet, wie die dreimalige Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur Bundesliga dokumentiert.“ Es sei jammerschade, dass der Verein nicht mehr höherklassig spiele. Generell bedauert er den Niedergang des Fußballs in der Region, abgesehen von der SpVgg Bayreuth.

Von Hof zog es Köstner zum SSV Reutlingen und dann weiter zum SC Freiburg. Baden-Württemberg wurde auf Dauer seine zweite Heimat. Und so wohnt er sei Jahrzehnten in einer kleinen Gemeinde im schönen Remstal, wie er sagt. 20 Kilometer vor den Toren Stuttgarts. Mit dem VfB feierte er 1992 – dies als Co-Trainer von Christoph Daum – den Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Danach startete die „Deutschland-Tour“ des Lorenz-Günther Köstner mit Verpflichtungen in Kassel, Unterhaching, Köln, Karlsruhe, Essen, Wolfsburg und Düsseldorf. Nicht zu vergessen ist ein Job bei der TSG Hoffenheim: Hier löste er den heutigen DFB-Bundestrainer Hansi Flick ab und musste später das Feld für Ralf Rangnick räumen. Trainerschicksal eben. Mehr Freude als Frust bei Köstner, der sich besonders gerne an seine Zeit in Unterhaching erinnert, denn mit der Spielvereinigung gelang der Aufstieg in die Bundesliga.

Noch mal zurück auf die Trainerbank?

Die naheliegende Frage: Strebt der Oberfranke in Schwaben eine Rückkehr auf den Trainerstuhl an oder aber ist dieses Kapitel abgeschlossen? „Eine illusorische Frage“, sagt er kurz und bündig. Im Falle eines Falles käme nur ein ausländischer Klub in Frage. Und da ist der Trainer nach Verhandlungen mit einem Erstligisten aus Athen wenig begeistert. Deshalb wird er sich vor dem Bildschirm dem Fußballgeschehen als aufmerksamer Beobachter widmen und vielleicht auch gelegentlich dem VfB Stuttgart – das Stadion ist lediglich 20 Minute entfernt – als Zuschauer seine Aufwartung machen.

Lorenz-Günther Köstner, der seine Karriere als Spieler wie auch als Trainer ohne die Hilfe von fähigen Menschen – darauf legt er großen Wert – nicht geschafft hätte, kann dem heute überstrapazierten Begriff Taktik nicht viel abgewinnen: „Wenn die Einstellung der Spieler zum Beruf und zur Leistungsfähigkeit – sie ist das A und O – nicht stimmt, spielt die Taktik keine große Rolle.“ Wie wahr!