Im Nocturne Es-Dur op.9, 2 von Frederic Chopin etwa setzt er auf die Struktur und den melodischen Kern des Werkes und baut weit gezogene stimmige Linien. Einfühlsam spielt Fuhr auch das Nocturne Des-Dur von Claude Debussy. Auch hier lässt er einen einsamen intimen Monolog erklingen und sucht die Stimmungen nächtlicher Natur zu fassen.
Etwas aus der Reihe erklingt ein „Coral“ des brasilianischen Komponisten Heitor Villa-Lobos. Doch auch diese Auswahl ist stimmig und gut durchdacht. Villa-Lobos lebte in den 1920er Jahren eine Zeit lang in Paris und lernte dort die Musik Debussys kennen und lieben.
Ebenfalls französischen Geist atmet das Nocturne Nr. 13 h-Moll, ein Spätwerk von Gabriel Faure. Auch hier überzeugt der Pianist mit kultiviertem Klang, samtig und klanggesättigt, elegant und gemessen im Ausdruck. Auf die eigenwillige Wirkung des Klangs setzt Jens Fuhr auch im Nachtstück Des-Dr, op. 23, 3 von Robert Schumann und im romantisch-virtuos gespielten „Clair de lune“ von Claude Debussy sowie in Franz Schuberts „Leise flehen meine Lieder“.
Das alles würde für einen erfüllten Klavierabend fast schon genügen, doch Dekanatskantor Jörg Fuhr hatte auch noch sechs hochkarätige Gesangssolisten zu bieten, die zusammen einige wunderschöne und klug ausgewählte A-cappella-Sätze aufführten.
Manuela Falk und Konstanze Mielich-Fuhr (beide Sopran), Bernadette Michaldo-Fuhr (Mezzosopran), Stefan Schneider (Tenor), Lorenz Mielich (Bassbariton) und Marzin Popp (Bass) präsentierten A-Cappella-Kunst auf höchstem Niveau. Max Regers „Morgengesang“ etwa oder dessen „Nachtlied“ erklingt schlank ausbalanciert, dennoch kräftig und absolut homogen.
Eines der Höhepunkte war das tief bewegende Werk „In stiller Nacht“ von Johannes Brahms, das den Abend seinen Namen gab. Romantische Klänge auf vokaler wie instrumentaler Ebene – geradlinig und klanglich gebündelt. Ein Werk, das mit seiner hoch konzentrierten Einfachheit überzeugt und gleichzeitig innig-wehmütig tiefe Gefühle anspricht. Dem Solistenensemble gelingt es stilsicher, den schwierigen Grat zwischen schlichtem, ungekünsteltem Timbre und einfühlsamer Textgestaltung zu meistern.
Ein weiterer Höhepunkt des vokalen Teils war Joseph Rheinbergers „Morgenlied“, dargeboten mit expressiver Melodik, ausdrucksstarker Harmonik sowie präziser Umsetzung des Textes.
Mit einem ganz besonderen Stück setzte das Ensemble einen prägnanten Schlusspunkt. Es erklang das wunderschöne Werk „Bleib bei mir, Herr“ des jungen Leipziger Komponisten Paul Heller. Den Chorsatz widmeten die Künstler den 2020 verstorbenen langjährigen Leiter des Betzensteiner Posaunenchors, Reinhardt Potzner, der damit jede Posaunenchorprobe beendet hatte.