Landwirtschaft Eine Politik voller Widersprüche

Regionalität, Tierwohl, Biodiversität, der Einsatz von Pestiziden und Düngern: In der Landwirtschaft gibt es viele Streitthemen. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Ökolandbau oder konventionelle Landwirtschaft: Wie sich die Welternährung sichern lässt und viele andere Fragen diskutierten Wilfried Löwinger (BBV) und Bio-Gärtner Dietrich Pax auf Einladung der Universität Bayreuth.

 
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Bayreuth - Konventionelle oder ökologische Landwirtschaft? Ein Ferkelerzeuger und ein Bio-Landwirt trafen am Donnerstagabend mit ihren denkbar unterschiedlichen Positionen aufeinander. Das Bayreuther Institut für Soziologie und Sozialpolitik (BISO) hat Dietrich Pax aus Coburg und Wilfried Löwinger aus Harsdorf zum Thema „Oberfränkische Landwirtschaft – einst, heute und morgen“.

Ökolobbyist und Schweinefleischproduzent

Per Telefonkonferenz tauschten die beiden Landwirte ihre Erfahrungen aus. Pax betreibt eine Biogärtnerei mit Tierhaltung und hat sich ganz dem Ökolandbau verschrieben. Er nennt sich selbst einen „Ökolobbyisten“. So engagierte er sich bei Demeter und gründete die Landesvereinigung für ökologischen Landbau (LVÖ). Er unterhält einen Hofladen, versorgt die benachbarte Waldorfschule und unterstützt solidarische Landwirtschaft. Außerdem entwickelte er eine Regionalwert AG, die Kapital für ökologische Projekte sammelt.

Löwinger ist Schweinezüchter im Vollerwerb und hält zirka 180 Sauen. Die Ferkel werden aufgezogen und dann an Mäster weiterverkauft. Auf seiner Scheune hat er eine Photovoltaikanlage zum Eigenverbrauch. Und er betreibt ein Windrad als Bürgeranlage. Löwinger setzt sich bei Bayerischen Bauernverband für die Interessen der Landwirtschaft ein und ist Kreisobmann im Landkreis Kulmbach.

Wer von beiden steht nun für die Landwirtschaft der Zukunft? Als er vor 30 Jahren nach Coburg gezogen sei, habe er zu den Exoten gezählt, sagte Pax. Mittlerweile liegt die Zahl der Öko-Betriebe in Bayern bei über 15 000. Dennoch könne der Bedarf an regional angebautem Gemüse nicht gedeckt werden, so der Direktvermarkter.

Ärger über Handelspreise

Dagegen empfindet Löwinger die aktuelle Agrarpolitik als „schizophren“. Früher habe es eine Rodungsprämie gegeben. „Jetzt fördern wir Streuobstwiesen.“ In seinen Augen wird Bio-Landwirtschaft „die Welt nicht retten“. Vielmehr sei eine Kombination aus konventioneller und ökologischer Landwirtschaft die Zukunft. Ein großes Problem sei der Handel, der den Erzeugern die Preise diktiere. Weil die Landwirtschaft in Oberfranken sehr kleinteilig strukturiert ist, seien immer mehr Landwirte zur Aufgabe ihrer Betriebe gezwungen.

Öko-Landwirt Pax kritisierte, dass alles zu jeder Zeit verfügbar sein müsse. Er lehne Salat aus Spanien und mit dem Flugzeug importierte Erdbeeren ab. Zugleich forderte Pax, der sich dem Ernährungsrat Oberfranken angeschlossen hat, die Konsumenten auf, ihr Ernährungsverhalten zu ändern. In dieser Frage ist Löwinger, der dem Verein Genussregion Oberfranken angehört, mit ihm auf einer Linie. Saisonal und regional einzukaufen, sei wichtig. Beim Thema Tierwohl und Gülle gingen die Meinungen beider Landwirte jedoch auseinander. Spaltenboden für Schweine seien hygienischer als Strohunterlagen, Gülle „der natürlichste Dünger der Welt“, findet Löwinger. Das Nitrat im Grundwasser und die Soja-Produktion waren Pax ein Dorn im Auge. Über den Wert der Landwirtschaft aufklären, damit ihre Leistung für die Umwelt gesellschaftlich anerkannt wird – das wollen beide.

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