Landgericht verhängt trotz vieler Pluspunkte Gefängnisstrafe aus Gründen der Abschreckung Einbrecher gibt im Prozess Beute zurück

Von Manfred Scherer
Zwei Jahre Haft hat das Landgericht gegen einen 28-jährigen Einbrecher verhängt und verwehrte dem Mann aus Gründen der Abschreckung eine Bewährung. Foto: Arne Dedert, dpa-Archiv Foto: red

Ein Einbrecher, dem das Opfer live am Smartphone zusieht. Ein Bestohlener, der im Gerichtssaal vom Einbrecher seine Uhr zurückbekommt. Ein Verteidiger, der alle Register zieht. Und ein Gericht, das zum ersten Mal härter ist als der Staatsanwalt. Ein Prozess am Bayreuther Landgericht gegen einen 28-Jährigen aus Kroatien verlief so speziell, dass die Schüler dreier Klassen der Gesamtschule Hollfeld, die diesen Fall für ihren Rechtskundeunterricht besuchten, eine Sternstunde erlebten.

 
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1. Besonderheit: Die zwei Einbrüche, für die der Angeklagte vor Gericht stand, waren im Oktober 2016 in Schaittach und in Nemschenreuth, einem Pegnitzer Ortsteil. In ein deutsches Gefängnis kam der Angeklagte am 2. Oktober 2017, aufgrund eines EU-Haftbefehls für den Einbruch in Nemschenreuth. Zuvor war er schon seit dem 22. September in Kroatien in Auslieferungshaft gewesen.

2. Besonderheit: Am 16. Oktober 2016 meldete sich das Smartphone eines Schaittacher Hausbesitzers. Der Mann, in dessen Haus schon mehrmals eingebrochen worden war, hatte eine Überwachungskamera samt Bewegungsmelder installiert, die über eine Einbruchs-App sein Handy aktivierte. „Ich konnte am Smartphone sehen, wie versucht wurde, unsere Terrassentüre aufzubrechen.“ Da die Tür nach dem Einbruch davor verstärkt worden war, blieb es beim Versuch und 3300 Euro Schaden. Und die Kripo hatte ein Foto.

3. Besonderheit: Im Haus eines bekannten Bayreuther Optikers in Nemschenreuth ließen Einbrecher teure Kameras liegen. Sie nahmen eine spezielle Herrenarmbanduhr mit – ein Einzelstück, das es so nicht noch einmal gibt. Und einen Fünf-Euro-Blattgoldschein aus einer Sammleredition in einem Bilderrahmen. Beim Aufmachen des Rahmens hinterließ der 28-jährige Angeklagte eine DNA-Spur. Eine Vergleichsspur war in der Polizeidatenbank gespeichert – eine Hinterlassenschaft des Angeklagten bei einem Einbruch Anfang 2016 in Koblenz, für den der Mann damals „nur“ 900 Euro Geldstrafe zahlen musste.

4. Besonderheit: Der Angeklagte und sein Verteidiger Salvatore Barba verzichteten auf ein Recht. Dieses Recht heißt „Grundsatz der Spezialität“. Ausgeliefert wurde der Angeklagte nämlich antragsgemäß „nur“ für den Nemschenreuther Fall. Somit hätte es der Angeklagte nicht hinnehmen müssen, dass er auch für den Schnaittacher Fall vor Gericht gestellt wird. Die Folge wäre diese gewesen: Am 2. April, also am vergangenen Montag vor einer Woche war die sechsmonatige Frist für die U-Haft abgelaufen gewesen – und wegen der Terminslage bei der Strafkammer ein Prozess nicht mehr möglich gewesen. Doch, so erklärte Verteidiger Barba: „Mein Mandant will den Rucksack dieses Falls nicht mehr mit sich herumschleppen.“

5. Besonderheit: Der Bayreuther Optiker bekam im Gerichtssaal vom Angeklagten seine Uhr ausgehändigt. Der Verteidiger hatte sie aus Kroatien zugeschickt bekommen.

6. Besonderheit: Staatsanwalt Jochen Götz beantragte eine zweijährige Haft auf Bewährung. Mehr Pluspunkte als dieser Angeklagte könne man hierfür nicht sammeln – und besser verteidigt werden auch nicht.

7. Besonderheit: Das Gericht sah das ähnlich, der Vorsitzende Michael Eckstein sagte: „Der Verteidiger hat das optimal gelöst.“ Aber die Strafkammer urteilte, dass Bewährung keinesfalls in Frage komme: Das Phänomen der Wohnungseinbrüche in der Region beeinträchtige das Sicherheitsgefühl der Bürger sehr stark. Und deshalb müsse der Angeklagte aus Gründen der Abschreckung zwei Jahre hinter Gitter.

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