La Palma nach dem Vulkan Der Wiederaufbau der Insel nach der Naturkatastrophe wird lange dauern

Der Vulkanausbruch auf La Palma wurde von den Behörden an Weihnachten als beendet erklärt. Auswanderer Konrad Hofmann aus Neudrossenfeld, der Spenden sammelte und immer wieder von der Insel berichtete, kann nicht auf sein Anwesen zurückkehren.

 
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La Palma - Konrad Hofmann schildert abschließend nach den aufregenden Ereignissen in den letzten Monaten seine Eindrücke von der Insel La Palma. Ein Vulkanausbruch setzte den Einwohnern schwer zu. Tausende mussten ihre Häuser verlassen und sich in Sicherheit bringen.

Hofmann schreibt über die vergangenen Wochen: „Der Ausbruch des Vulkans, dem wir bis heute noch keinen Namen gegeben haben, am 19. September 2021 hält uns noch bis heute fest in seinem Griff. Mit einer ungeheuren Gewalt hat er das Aridane-Tal auf der schönen Insel La Palma verwüstet. Mehr als 3000 Gebäude sind ihm bisher zum Opfer geworden. Unter den mehr als 1200 Hektar großen Fläche hat er viele Plantagen unter seiner Lava begraben oder von der übrigen Insel abgeschnitten. Weitaus mehr Flächen sind teilweise unter meterhoher Ascheschicht verschwunden. Mehr als 7000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen und bei Freunden, Verwandten oder in Notunterkünften versorgt werden. Zeitweise wurden weitere Tausende mit Hausarrest belegt, da die Gase ihr Leben bedrohten. Die Verkehrswege in den Süden der Insel sind abgeschnitten. Selbst Notzufahrten werden wieder durch Lava und gefährliche Gase bedroht. Die Wirtschaft der Insel steht vor einer großen Herausforderung. Mehr als 50 Prozent der Arbeitskräfte sind von der Bananen- und Avocado-Produktion abhängig.

Übergabe der Notebooks

Aber das Leben muss weiter gehen. Die Schüler aber auch die Lehrer wurden durch die Covid-Pandemie auf eine harte Probe gestellt. Sie haben es gut gemeistert. Bis nun dieses Monster ausgebrochen ist und vielen von ihnen ihr Zuhause geraubt hat. Bei der Flucht vor der Lava blieben Schulsachen in den Häusern zurück. Wir wollen diesen Schülerinnen und Schülern helfen den Anschluss nicht zu verpassen.

Deshalb habe ich meine ehemalige Firma in Deutschland, die Bauunternehmung Markgraf in Bayreuth, um Hilfe gebeten. Spontan hat die Geschäftsführung zugesagt. Somit kann ich zehn Notebooks an Schüler der I.E.S Eusebio Lorenzo Barreto übergeben und ihnen den digitalen Anschluss an den Unterricht wieder ermöglichen.

Bedanken möchte ich auch bei dem IT-Chef der Firma Markgraf, Gerhard Renner, der dies Initiative umgesetzt hat. Aber auch bei unseren Söhnen Daniel und Stefan, die sie auf die spanische Sprache umgestellt haben. Sie haben sich auch bereit erklärt in der Einarbeitungsphase zu helfen, wenn es erforderlich ist.

Außer dieser Aktion habe ich eine Spendenaktion unter meinen Freunden und Bekannten, meinen ehemaligen Arbeitskollegen und meiner Familie in Deutschland initiiert. Wir konnten mit ihren Spenden einigen unser Nachbarn und Freunden hier auf La Palma helfen und werden dies auch weiterhin tun, soweit es in unserer Macht steht. Der Blick nach vorne gilt für uns alle. Vor allem aber für die Jugend auf unserer schönen Insel. Wir wollen wieder Arbeitsplätze schaffen und vor allem euch Schülerinnen und Schüler eine Perspektive bieten. Soweit es in meiner Macht steht, werde ich euch helfen, auch eine Ausbildungsstelle in Deutschland zu finden.“

Das passierte zuletzt

24.12.2021: „Der Vulkan wurde zwar als erloschen erklärt, hat aber immer noch eine Temperatur von circa 1000 Grad. Aufgrund der ausströmenden Gase - ist der Zugang zu den Häusern nur bedingt und unter großen Vorsichtsmaßnahmen möglich. Wenige Minuten können zur Bewusstlosigkeit und 30 Minuten zum Tod führen. Wir selbst haben alle persönlichen Sachen aus unseren Häusern geholt und werden nicht mehr dorthin zurück gehen. Ganz gleich wie die Versicherungen reagieren. Die bis zu zwölf Meter hohe Lava-Wand direkt vor den Fenstern ist nicht zu ertragen.“

27.12. 2021: „Am Montag hat man einen Versuch gestartet, einen Straßendurchbruch in La Laguna zu versuchen. Nach drei Metern musste abgebrochen werden aufgrund zu hoher Lava Temperaturen und ausströmender Gase. Die Stimmung auf der Insel ist sehr gedämpft und traurig. Familienbesuche sind kaum möglich, alle sind über die ganze Insel verstreut untergebracht, aber auch wegen der rapide gestiegenen Covid-Zahlen. Derzeit 350 Infizierte, deren Nachverfolgung nicht mehr möglich ist.

Am Montag war auch eine Demonstration in Los Llanos vor dem Rathaus. Es kamen 2000 Betroffene, da die Auszahlung der Hilfsgelder und Spendengelder noch nicht begonnen hat. Wir haben unsere Nachbarin Bea und ihre Mutter getroffen. Sie hatten eine kleine Schnittblumengärtnerei unweit von uns. Alles unter der Lava

verschwunden. Ihre Mutter ist verzweifelt, sie hat 35 Jahre dafür gearbeitet. Jetzt ist sie mit Bea und deren beiden Kindern, 6 und 9 Jahre alt in einer Einzimmerwohnung untergebracht. Wir werden sie am Donnerstag treffen und den Rest unseres Spendentopfes bringen, sowie ein paar Geschenke für die Kinder. Wir haben inzwischen alles was wir an Haushaltsgegenständen entbehren konnten verteilt. Trotz vieler Tränen und Traurigkeit schauen alle nach vorne und der Zusammenhalt ist unbeschreiblich.“

28.12.2021: „Wir haben ein Haus zur Miete in Aussicht. Voraussichtlich ab März nächsten Jahres. Bis dahin können wir hier im Haus von Dietmar Scheppach aus Aalen bleiben. Er hat deshalb seinen geplanten Urlaub über Weihnachten hier in seinem Haus auf La Palma uns zuliebe storniert und macht derzeit Urlaub in Portugal.“

Der Bürgermeister bedankt sich

29.12.2021: „In einer Zeit der Not und der außergewöhnlichen Umstände sind solche Zeichen eine Emotion die tief in das Innere der Menschen trifft. Seit 2015 leben wir auf der wunderschönen Insel La Palma und haben es noch keinen Tag bereut. Die Insel hat uns soviel gegeben. Die beiden Jungs Stefan (15) und Daniel (17) sind in der Schule vom ersten Tag an so herzlich aufgenommen worden, obwohl sie damals kein Wort Spanisch sprachen. Heute fühlen sie sich als Einheimische und sprechen Deutsch nur noch wenn es nötig ist.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich immer noch sehr wenig Spanisch spreche, obwohl die Insel seit 40 Jahren mein Urlaubsziel war. Aber wir haben hier viele Freunde und Nachbarn gefunden. Aus diesem Grund werden wir auch auf La Palma bleiben und versuchen zu helfen, wo es irgendwie geht.

Wir selbst sind zwar auch vom Ausbruch des Vulkans betroffen, die Lava hat unser Grundstück durchquert, aber wir sind noch in einer guten Situation. Ich selbst bin 68 Jahre und habe mein Leben lang in Deutschland gearbeitet und bekomme von dort jeden Monat meine Rente. Somit können wir während dieser Katastrophe überleben.

Ich habe aber meine Freunde und ehemaligen Kollegen gebeten, die am schlimmsten Betroffenen Bürger von La Palma zu unterstützen. Sie haben schon mehr als 8000 Euro gespendet, welche wir direkt an Betroffene des Vulkanausbruchs weitergeben konnten. Wir schauen nach vorne und wollen helfen, dass La Palma wieder die schöne Insel wird.

Als Diplomingenieur versuche ich auch Firmen und Professoren in Deutschland zu aktivieren, um dazu beizutragen wie man die Verbindungswege so schnell wie möglich wieder herzustellen. Ich habe Kontakt mit der Firma Herrenknecht aufgenommen, welche Spezialisten im Tunnelbohren sind. Sie haben eine Niederlassung auf der Peninsula. Ich hoffe, dass von dort gute Impulse kommen.“ (Brief an den Bürgermeister von El Paso).

30.12.2021: „Heute Morgen haben wir Tono Lebensmittel und Süßes, aber auch 250 Euro aus dem Spendentopf übergeben können. Er ist ein Kartoffelbauer. Beim Bürgermeister von El Paso habe ich mich heute auch persönlich bedankt. In seinem Geschenk waren außer Lebensmitteln und Süßigkeiten auch eine Flasche Sekt und Wein, um über den Jahreswechsel zu kommen. Eine wunderschöne Geste der Aufmunterung. Er hat sich sehr gefreut, dass wir diese Geste honoriert haben und wünscht uns ein gutes Jahr 2022.

Vor dem Rathaus von Los Llanos de Aridane konnten wir heute an Bea und Ihrer Familie Geschenke überreichen. Außer Lebensmittel, Süßigkeiten und einer Puppe für die Tochter sowie Lego Spielzeug für den Sohn, auch eine Spende von 500 Euro aus dem Spendentopf.“

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