Seit Wochen schon widmet Spaniens Presse dem Kunsttransfer von Belgien in ihr Land regelmäßig Schlagzeilen. Sie vergleicht ihn mit dem von Thyssen-Bornemisza vor mehr als 20 Jahren. Im Jahr 1988 überließ der Unternehmer Baron Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza seine legendäre Sammlung dem spanischen Staat und verlegte rund 800 der 1600 Werke von seiner Villa in Lugano nach Madrid.
Im Gegenzug dafür stellte man ihm ein Gebäude gegenüber dem Prado zur Verfügung. Die Dauerleihgabe sollte neun Jahre andauern, doch 1993 kaufte Spanien die Werke für rund 400 Millionen Euro. Den Grundstein der Sammlung hatte sein Vater gelegt, der deutsche Baron Heinrich Thyssen (1875-1947). Heute gehört das Museum Thyssen-Bornemisza zu den bedeutendsten Kunsteinrichtungen des Landes.
Roberto Polo wurde am 20. August 1951 in Havanna geboren. In der Szene spielt er schon seit Jahrzehnten mit. Er studierte Kunstgeschichte in New York und gilt als Entdecker von Talenten. In den 80er-Jahren war er als unabhängiger Kunstberater tätig, 2005 eröffnete er in Paris die Galerie Historismus, bevor er nach Brüssel ging, um dort die Roberto Polo Gallery ins Leben zu rufen.
Seine Person ist nicht ganz unumstritten. Im Jahr 1995 wurde er von einem Gericht verurteilt, weil er in seiner Zeit als Investmentberater Kunden hintergangen haben soll. Gegen den Vorwurf hat er sich stets gewehrt und von einem Komplott gesprochen.
Warum er seine Sammlung, die sich durch Werke flämischer Avantgardisten, Künstlern aus Ost- und Zentraleuropa und vor allem Pionieren der abstrakten Malerei in Belgien auszeichnet, nicht Belgien überlassen habe? Das Land sei kompliziert, so seine Antwort. Spanien habe den Zuschlag auch deshalb bekommen, weil es auf ihn zugegangen sei. Das war im Jahr 2016 gewesen.
"Die Kunstsammlung, die Belgien verpasst hat" titelte die belgische Zeitung "La Libre Belgique" nach dem Transfer und schreibt: Die spanischen Behörden hätten das Interesse, die Originalität und Qualität der Sammlung erkannt.