Kunst aus dem Burgenland

Von Michael Weiser
Wolfgang Horwath, "Brain Cloud". Foto: Andreas Harbach Foto: red

"Fürchtet euch nicht!": Das „eu art network“ will Mut machen. Behauptet es zumindest. Ob das den Kunstnetzwerkern gelungen ist? Bis 27. Mai kann man das im Neuen Rathaus in Bayreuth nachprüfen.

 
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Da waren sie ein wenig überfordert, die Hirten. „Des Herrn Engel trat zu ihnen“, so steht geschrieben, „und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: ,Fürchtet euch nicht!‘“

Die Geschichte ist in der Bibel zu finden, ziemlich am Anfang des Neuen Testaments. Von dort hat das „eu art network“, eine „Initiative für zeitgenössische Kunst“, vergangenes Jahr das Motto für sein Kunstsymposium in der Cselley-Mühle in Oslip im Burgenland entlehnt. „Fürchtet euch nicht!“ also, ergänzt um den Nachsatz, dass man schließlich nichts zu verlieren habe – außer der Angst.

Solche Sätze sind an sich gut, weil sie ein unsichtbares Band um einen bunten Strauß von Kunst legen – viele Künstler, ein Motto. Allerdings: Ihren Sinn verlieren Sinnsprüche, wenn sie nicht nur unsichtbar, sondern auch gänzlich unspürbar sind.

Im Neuen Rathaus daher zu prüfen: Ist Kunst, zumal in der Zusammenstellung aus dem Burgenland, eine Antwort auf die Ängste der Gegenwart, ein Mutmacher, eine Therapieform gar, aber eine Reaktion auf unsere Zeit, die aus den Fugen geraten scheint? Haben die Arbeiten etwas mit Krise und Verunsicherung zu tun? Oder behaupten sie es nur?

Ein bisschen Krise, das schon

Sowohl als auch. Ein paar Werke befassen sich tatsächlich mit Krise, Gefahr und Furcht kommentieren die Gefühle der Verunsicherung. So hat Julia Maria Makoschitz ein „Urrefugium“ als Wohlfühlmöbel in den Raum gestellt, ein rosafarbener weicher Riesenschoß, in den der geplagte Zeitgenosse zurückkriechen kann – perfektes Cocooning, wie man diesen Trend zum Rückzug auf sich selbst nennt. Jelena Bjelca überlässt ihre Bilder „Ad libitum“, also nach Gutdünken dem Betrachter. Man fühlt sich entfernt erinnert an ein Bild von Turner, der die letzte Fahrt eines alten Schlachtschiffs (der „Temeraire“) berührend traurig in Licht und Farbe gesetzt hat. Bei Bjelka dominieren Schwarz und Grün; nicht mehr in Licht löst sich die Szene auf, sondern in Düsternis. Halaka Bassam steuert ein Video bei und versichert: „Keine Angst, es ist nur fürchterlich.“ Straßenszenen, Bilder zerbombter Städte, Diktatorengesichter pulsieren, eindrucksvoll rhythmisiert, auf den Bildschirm. Warum Bassam ausgerechnet Moshe Dayan in eine Bilderreihe mit Adolf Hitler und anderen Erzbösewichtern stellt, bleibt sein Geheimnis. Sehr plakativ. Aber natürlich dicht am Thema.

Ja, angst und bange kann einem sein. Auch beim Betrachten von Wolfgang Horwaths „Brain Cloud“. 14, 15 Gestalten bewegen sich auf einen zu, ihre Köpfe verschwinden, so klein sie sind, doch in einer Wolke, weniger vernetzt als vielmehr verrührt. Big Data, Vernetzung, Digitalisierung, ja, ein eigenartig düsteres Brummen hüllt die Welt mittlerweile ein. Die Menschen auf dem Bild scheinen sich der Gefahr nicht ganz bewusst zu sein; sie halten etwas an ihr Ohr (ihr Handy vermutlich) und sind von Horwath meisterlich in geradezu tänzerischer Pose festgehalten.

„Fürchtet euch nicht!“, sagte der Engel also damals und kündete von der Geburt des Erlösers. So viel haben seine heutigen Nachahmer konkret natürlich nicht zu sagen.

Info: Bis 27. Mai, Rathaus, Mo. bis Do. 9 bis 17 Uhr, Fr. 9 bis 15 Uhr