Kultur Faust hatte schon viele Gesichter

Von Michael Grüner und Christian Biersack
Der Theatersommer Fränkische Schweiz, die heutige Landesbühne Oberfranken, spielte 2013 den Faust auf dem Unteren Markt unter freiem Himmel. Foto: Archiv/Hans von Draminski Quelle: Unbekannt

AUERBACH. Als Bürgermeister Emil Kreuzer am Ende der Samstagnacht-Vorstellung den großartigen Darstellern des Städtebundtheaters Hof Blumen und Wein zum Präsent machte, drückte er spontan aus, was er der Redaktion schon vorher am Telefon gesagt hatte. „Faust I war ein großer Erfolg – mit der Resonanz bin ich hochzufrieden.“ Das war 1976.

 
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Auerbach hatte das Stromer-Jahr ausgerufen. Es war 1476, als der große Sohn der Stadt das Licht der Welt erblickte. Jener Stromer errichtete später in Leipzig das Weinlokal Auerbachs Keller. Eine Szene aus Goethes Faust spielte später dort. Damit ging der Ort in die Weltliteratur ein.

Festbühne und Kulisse

Das Faust-Spektakel bewegte damals die Menschen. Wann war der Marktplatz hinter dem historischen Rathaus schon einmal Festbühne und Kulisse zugleich gewesen. Rund 1000 Menschen, darunter viele Jugendliche, sahen das Drama, gespielt vom damaligen Städtebundtheater Hof. Es war Mai. Die Nachtvorstellung am Samstag war ganz gut angekommen, für den Sonntagnachmittag waren aber nur die Hälfte der Karten verkauft worden. Mit den Einnahmen konnte die Stadt damals gerade mal die Gage der Schauspieler decken.

Wenig Interesse aus Auerbach

Von einem Draufzahlgeschäft wollte man aber nicht sprechen, vielmehr „fast unbezahlbaren Werbung für die Stadt“. Bürgermeister Emil Kreuzer hatte damals die Organisation in der Hand. Unterstützt vom Vorsitzenden der Kolpingfamilie, Bernd Gößner. Trotz allen Lobes für die Veranstaltung gab es danach auch kritische Worte, etwa von Gößner selbst. Er zeigte sich vom Interesse der Auerbacher selbst enttäuscht. Bei der Nachtvorstellung seien vielleicht 40 Prozent der Besucher aus der Stadt gewesen, am Sonntag gar nur noch zehn Prozent, schätzte Gößner.

Probleme mit Schwarzsehern

Probleme gab es auch mit zahlreichen „Schwarzsehern“, die Lücken in der Absperrung des Marktplatzes suchten und auch ohne zu zahlen zum Publikum hindurchschlüpften. Sie belagerten die Bürgersteige vor den Häusern und sorgten immer wieder für Unruhe. Bernd Gößner schritt schließlich energisch ein und räumte die „billigen Plätze“ auf den Bürgersteigen.

Bewirtung durch den ASB

Kulinarisch war das Spektakel 1976 noch etwas einfacher gestrickt als derartige Veranstaltungen heute. Die Bewirtung hatte der Arbeiter-Samariterbund (ASB) übernommen. Und der hatte mit dem Ansturm in den Pausen ordentlich zu tun. Wer von den Besuchern ein warmes Getränk und eine Bockwurst ergattern konnte, war schon zufrieden.

Eine Nummer kleiner

Genau 18 Jahren nach diesem „teuflischen Spektakel“ gab es eine erneute Faust-Auflage in der Geburtsstadt Stromers. Nicht mehr auf dem Marktplatz, sondern eine Nummer kleiner im Innenhof der Neumühle. Das Pegnitzer Theater Schall&Rauch hatte sich des Klassikers angenommen. Auf Einladung des Auerbacher Kulturvereins Kultur im Keller (KiK), der inzwischen allerdings nicht mehr existiert. KiK war mit 260 Besuchern in der Neumühle mehr als zufrieden. Für den Verein war das 1994 die erste fast ausverkaufte Veranstaltung.

Trinkseligkeit der Studenten

Seit Goethes Faust, der die Sage vom Fassritt des Dr. Faustus literarisch verwertete, gilt Auerbachs Keller in Leipzig als Sinnbild für ausgelassene Fröhlichkeit und irdische Freuden. Allerdings baute Goethe auch deutliche Seitenhiebe auf die all zu ausgeprägte Trinkseligkeit mancher Studentenverbindungen ein. Und gerade diesen Aspekt hatte der Pegnitzer Roland Schorner in seiner Faust-Inszenierung deutlich herausgearbeitet.

Pech mit dem Wetter

In Pegnitz hatte das Ensemble mit Freilichtaufführungen bisher Pech gehabt. Regen und Kälte ließen 1986 und 1987 Termine auf dem Schlossberg und im Wiesweiherpark platzen. Die Vorbereitungen hatten großen Aufwand bedeutet. In Auerbach hatten die Oberfranken 1994 mehr Glück. Der Tragödie erster Teil ging im Neumühlhof „bei teuflisch gutem Wetter“ über die Bühne.

Rollende Bühne

Jeder Faust, der in Auerbach irgendwann und irgendwo dargeboten wurde, ist nicht dokumentiert. Es gab Stromer-Stadtführungen mit einer Laienspielgruppe um Gudrun Dietzfelbinger und im Jahr 2013 wurde erneut die Innenstadt – dieses Mal der Untere Markt – zur Bühne für den Klassiker Faust. Präsentiert hat das Stück damals der Theatersommer Fränkische Schweiz mit seiner rollenden Bühne.

Zum Auerbacher Stadtjubiläum 2014 gab es den Faust als Rockoper. Nicht unter freiem Himmel, sondern unter Dach in der Helmut-Ott-Halle. Eigenwillig und schrill zugleich, der Klassiker völlig neu dargeboten. Das bisherige Faust-Finale bot das Theater in der Kneipe (TIK) aus Neuenmarkt im vergangenen Jahr mit einer Goethe-Revue als „Faust in der Tasche“ auf der Maffei-Bühne.

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