Kulmbacher Bierwoche Ungewohnte Töne und immer wieder Layla

Horst Wunner

Gloria und die Fetzentaler: Unterschiedlicher könnten musikalische Darbietungen nicht sein. Die Bierfestbesucher haben beide Kapellen genossen.

 
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Die Besucher, die nichts vom Auftritt wussten und unvoreingenommen in den Stadel kamen, staunten nicht schlecht: Haben sie sich verirrt, waren sie in einem Konzertsaal gelandet? Es waren mitunter ungewohnte Töne, die ihre Ohren erreichten, ein bühnenreifer Auftritt von 13 Vollprofis aus Südmähren, die das Zelt variantenreich füllten und die ganze Bandbreite von Blasmusik widerspiegelten. Man kann den Organisatoren des Bierfestes nur gratulieren zu ihrem Mut, mal etwas außerhalb der eingefahrenen Geleise zu bieten.

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„Gloria“ heißt die tschechische Musikgruppe aus Brünn, die das Festvolk im wahrsten Sinne des Wortes in den Bann zog und sogar etwas verzauberte. Da wurde es im großen Stadel schon mal ziemlich still trotz der Riesenfläche mit einer Masse bierselig feiernden Menschen: Als der ungarische Tanz Nr. 5 in Eigenkomposition konzertant erklang. Die studierten Musiker erfüllten natürlich ebenso alle Wünsche der Bierfest-Fans wie „Aus Böhmen kommt die Musik“ oder „Alte Kameraden“. In verschwenderischer Blaskraft, sogar ein bisschen jazzig, zeigten sie ihr Können. Was Ilo aus Bamberg gleich kommentierte: „Das war so beschwingt, ging unvermittelt in die Beine, da konnte man nicht still sitzen“. Und Reinhold, seit 50 Jahren Klarinettist bei der Kulmbacher Stadtmusik, setzte noch eins drauf, „das war absolute Spitzenklasse heute, eine musikalische Interpretation par excellence“. Während der Thurnauer Thomas etwas nachdenklich wurde, an seinen Vater dachte, der in Böhmen geboren wurde. „Ihm hätte das gefallen, vielleicht hört er gerade aus fernen Höhen zu“.

Und später der weltberühmte Chanson von Edith Piaf, noch nie im Stadel in der 71-jährigen Bierfestgeschichte dargeboten: „Non, je ne regriette rien“ (Ich bereue nichts), dem Sängerin Katka im klaren Alt eine fast authentische Stimme verlieh. Da hatte der Insider Markus Meisel, bei den Kasendorfer Musikanten am gleichen Instrument tätig, nur ein Urteil: „Phantastisch“. Fazit der drei Stunden: Das Kulmbacher Bierfest ist für Überraschungen immer gut.

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„Klassische“ Bierfest-Töne dagegen am Abend. Die Münchner Zwietracht wusste ebenso zu überzeugen wie die Fetzentaler am Samstagabend. „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ löste „Sweet Caroline“ ab, die Party-Kracher „Schickeria“ und „Skandal um Rosi“ jagten in hoher Phonzahl durch den Stadel. In voller Lautstärke glich mehrfach von den Fetzentalern serviert wurde auch „Layla“. Anderswo verboten, rockte vor allem dieser Song den Stadel. Die Dezibel machten fast taub. Vor allem die jungen Leute stiegen schnell auf die Bänke, reckten die Bierkrüge wie Trophäen in die Höhe, waren fast nicht zu bändigen.

Stefan aus Stadtsteinach nimmt einen tiefen Schluck aus der ersten Maß Festbier: „Nach zwei Jahren muss man wieder dabei sein, um alte Freunde zu treffen“. Der Mainleuser Norbert nutzt seinen freien Tag zum Ausspannen „und die Sau raus zu lassen“. Der Mann -. sonst im Bereich Security tätig – ist nämlich im Job immer ganz konzentriert, um das Geschehen zu beobachten. In der Kulmbacher Ecke geht’s ganz international bunt zu: An einem Tisch sitzen Frauen aus Ecuador, Kolumbien, aus der Ukraine und eine Inderin. Neha, die Südasiatin, schwärmt bereits vom „Beer-Festival“: „Ich bin das erste Mal hier“ und fängt zu lachen an, „nur wegen des Gerstensaftes“. Sie hat bereits die zweite Maß intus, „eine Dritte wird noch folgen“ verrät sie erneut lachend.

Heike ist mit ihrem Bruder Thomas aus Ludwigshafen angereist - natürlich des Festes wegen. Auch für sie beide ist es eine Premiere. Sie haben es sich im Außenbereich gemütlich eingerichtet, mit Blick auf die Plassenburg. „Kulmbach hat rund um das Zelt so schöne Ecken, das Bier ist gut, was will man mehr“. Und Thomas stimmt nach der vierten Maß das Lied „O du schöner Westerwald an“, die neben ihm singen den Refrain mit. Micha aus dem tschechischen Brünn, der gut Deutsch mit leichtem Akzent spricht, outet sich als Neuling, „im Stadel will ich Spaß haben und Bekannte wiedersehen. Zwei Maß sind das Limit“ verrät er, und singt gleich noch ein Loblied auf das Kulmbacher Festbier. „Sehr geschmackvoll und süffig“. Nach dem sehr guten Besuch am Samstag war der Sonntag erfahrungsgemäß nicht so stark. Aber das hat der Stimmung keinen Abbruch getan.