Künstler Ottmar Hörl ist sauer Stadt will Wagnerfiguren nicht geschenkt haben

Von Florian Zinnecker
 Foto: red

Die 500 Wagner-Figuren, die Ottmar Hörl im Sommer 2013 in den Festspielpark stellte, brachten Bayreuth in die Tagesschau und die „New York Times“. Jetzt wollte Hörl der Stadt zehn Wagner-Figuren schenken – und dauerhaft im Festspielpark installieren. Doch Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe lehnte ab – und Hörl tobt vor Wut. Seine Figuren könnten dafür an ganz anderer Stelle wieder nach Bayreuth zurückkehren.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

„Was kann denn die Stadt dafür, dass die Leute in der Kulturverwaltung hier so verstockt sind?“, fragt Hörl. „Wenn ich wenigstens einen Skandal ausgelöst hätte – dann wüsste ich jetzt, dass ich mir das selbst eingebrockt habe. Habe ich aber nicht, im Gegenteil: Ich habe Bayreuth ein richtig gutes Stadtmarketing geschenkt.“

Im Festspielsommer 2013 stellte Hörl rund 500 Wagner-Skulpturen im Festspielpark auf: alle gut einen Meter hoch, aus Plastik, die Arme erhoben. „Wagner dirigiert Bayreuth“, nannte Hörl lakonisch seine Arbeit. „Für Bayreuth war mein Wagner unglaublich erfolgreich“, sagt Hörl. Nach Schätzungen der Stadt besuchten rund 110.000 Gäste die Installation, Hörl kam kaum damit nach, Figuren gießen zu lassen, so viele Leute wollten einen Mini-Wagner kaufen. Ein Großteil der Figuren wurde auch aus dem Park gestohlen – trotz eigens engagiertem Sicherheitsdienst.

Wagner-Figuren in der internationalen Presse erwähnt

Und nicht nur die Festspielgäste fotografierten die Hörl-Wagners; nahezu jeder Bericht in überregionalen Medien über die Bayreuther Festspiele im Jubiläumjahr wurde mit einem Hörl-Wagner-Foto illustriert. Auch in der „Tagesschau“, sogar in der New York Times“. 20.000 Euro Zuschuss bekam Hörl aus dem städtischen Etat für das Wagner-Jubiläumsprogramm, ebenso viel vom bayerischen Kulturfonds.
„Man muss sich doch nur mal überlegen, was eine Stadt normalerweise anstellen muss, um überregionale Presseresonanz zu bekommen. Da bin ich doch eine ziemlich günstige Lösung.“ Er habe aber den Eindruck, keiner freue sich darüber. „Ich muss mich fast schon dafür entschuldigen.“

Die Gesamtkosten lagen bei rund 100.000 Euro, „langfristig gesehen kriege ich das über den Verkauf der Figuren wieder rein“, sagt Hörl. Zum Ende des Wagner-Jubiläumsjahrs schickte Hörl einen Brief an Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe: Er wolle der Stadt gern zehn Wagner-Figuren schenken, nicht aus Plastik diesmal, sondern aus Eisen – als dauerhafte Skulpturen für den Festspielpark. Die Kosten, rund 25.000 Euro, trage er selbst Aber Merk-Erbe lehnte ab. „Aus grundsätzlichen Erwägungen und unter dem Aspekt der Gleichbehandlung“, heißt es in dem Brief, der dem Kurier vorliegt. „Sollten Kunstwerke für den Festspielpark vorgesehen werden, würden diese im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung ausgewählt werden.“ Dies bestätigt der Sprecher der Stadtverwaltung, Joachim Oppold, auf Anfrage: Die Stadt habe den Vorgang verwaltungsintern geprüft; „wenn sich die Stadt entscheidet, im Festspielpark eine weitere Skulptur aufzustellen, muss es dazu eine öffentliche Ausschreibung geben“. Wie bei den anderen Skulpturen, die schon dort stehen (mit Ausnahme der drei Büsten von Richard und Cosima Wagner sowie Franz Liszt, gestaltet von Arno Breker).

Stadt wolle mit der Annahme des Geschenks keinen Präzedenzfall schaffen

Hörl findet diese Herangehensweise eigenartig: „Die Stadt hat ja auch nicht unbedingt Geld, um sich Skulpturen von Jeff Koons in den Park zu stellen“, sagt Hörl. Und kennt für die Haltung im Rathaus nur ein Wort: verstockt. Der Aspekt der Gleichbehandlung, so heißt es aus dem Rathaus hinter verschlossenen Türen, sei durchaus der entscheidende Grund für die Absage. Man wolle mit der Annahme von Hörls Geschenk keinen Präzedenzfall schaffen, auf den sich andere Künstler berufen könnten – im Festspielpark wie überall in der Stadt. Zugleich aber gilt der Festspielpark als besonders exponierter Bereich – und Hörl, so heißt es im Rathaus weiter, gelte als Meister der Selbstvermarktung, als PR-Maschine auf zwei Beinen, der sich mit einem Geschenk hier womöglich selbst im Gespräch halten wolle.
„Ich trete hier doch niemandem auf die Füße“, sagt Hörl. „Ich hätte es ja noch verstanden, wenn die Begründung gelautet hätte: Wir freuen uns, aber diese Idee hatten wir schon, bitte, denken Sie sich was Neues aus.“

Stattdessen enthielt die Absage einen anderen Hinweis: „Der Brief war verbunden mit der Anregung, Kontakt mit dem Verein Skulpturenmeile aufzunehmen“, sagt Pressesprecher Oppold. Dieser habe sich die Kunst im öffentlichen Raum zur Aufgabe gemacht und könne für andere Standorte ein geeigneter Ansprechpartner sein. Ein Kontakt kam laut Jörg Lichtenegger, Vorsitzender des Vereins, aber nicht zustande.

Ältestenausschuss entscheidet über Wagner-Figuren

Für immer verschwunden sind Hörls Wagner-Figuren aus Bayreuth damit aber nicht. Manuel Becher, Geschäftsführer der Bayreuther Marketing- und Tourismusgesellschaft, bestellte 20 Figuren. Der von ihm ins Leben gerufene „Walk of Wagner“, der auf Wagners Spuren durch die Innenstadt zum Festspielhaus führt, soll in diesem Festspielsommer eine neue Gestalt bekommen: die sandsteinfarbenen Betonwürfel sollen durch 1,50 hohe Quader ersetzt werden. Auf jeder soll künftig ein Hörl-Wagner stehen.

Der Haken: Die Neugestaltung hängt am seidenen Faden, es gibt dafür noch keine Genehmigung aus dem Rathaus. „Man hat sich gemeinsam entschlossen, den Ältestenausschuss entscheiden zu lassen“, formuliert Becher. Der tagt am Montag. Stimmen die Stadträte nicht zu, bleibt alles beim Alten. Die 20 Wagner-Figuren stehen schon fertig in Hörls Atelier in Wertheim. Ob sie abgeholt werden – und also nach Bayreuth zurückkehren dürfen, entscheidet sich nächste Woche. Im Rathaus.

Bilder