Die Pinaults, Eigentümer der Luxusgruppe Kering, reagierten sofort auf den öffentlichen Unmut. Sie würden den Steuervorteil ihrer Spende nicht in Anspruch nehmen, kündigten sie an. Premier Édouard Philippe versprach sogleich, dass Unternehmen bei Spenden für Notre-Dame nicht mehr Steuervergünstigungen erhalten würden als gesetzlich üblich.
Außerdem kommt für den Schaden an der Kathedrale sowieso keine Versicherung auf, sondern letztlich der Staat - da sind die zusätzlichen Millionen nur hilfreich. Problem also gelöst?
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron jedenfalls hofft, dass der Wiederaufbau der mehr als 850 Jahre alten Kathedrale die Franzosen näher zusammenbringt. Was man am Abend des Brandes erlebt habe, sei die Fähigkeit der Franzosen, sich zu vereinen, sagte er am Dienstag in einer TV-Ansprache. Apropos: Eine solche Fernsehrede hatte Macron eigentlich schon für Montagabend geplant - sie war schon im Kasten und musste nur noch ausgestrahlt werden.
Der Präsident wollte eigentlich verkünden, welche Reformen er nach dem Ende seiner Bürgerdebatte plant. Mit diesem Format wollte er das soziale Klima im Land beruhigen - konkrete Maßnahmen waren fest versprochen. Macrons Auftritt wurde mit Spannung erwartet, die Erwartungen waren groß, der Druck auf den einstigen politischen Senkrechtstarter enorm. Dann kam die Nachricht vom Brand - Ansprache abgesagt.
Im Laufe des Dienstags kursierten einige der möglichen Pläne des Präsidenten in den Medien: Steuersenkungen für die Mittelklasse, Entlastung von Rentnern, Abschaffung der Kaderschmiede Ena - also der Hochschule der politischen Elite des Landes. Der Präsidentenpalast kommentierte das nicht.
Und so richtig interessierte es in Frankreich auch nicht mehr - omnipräsent waren die Bilder der zerstörten Kathedrale im Herzen der Hauptstadt. Statt Menschen in gelben Westen zeigten die französischen Nachrichtensender heldenhafte Feuerwehrleute. Macron verschob die Verkündung seiner Pläne daher erstmal auf unbestimmte Zeit.
Der Brand von Notre-Dame - er ist in Frankreich eine kunsthistorische Katastrophe. Aber er hat eine politische Dimension. Auch die Kathedrale selbst war immer mehr als nur ein religiöser Ort. Dies sei ein Gebäude mit politischer Bedeutung, sagte Markus Castor vom Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris. "Es war eigentlich immer der Ort, wo wichtige politische Ereignisse stattfanden oder Entscheidungen gefällt wurden."