FDP für «liberales Bürgergeld» Verbände kritisieren Stillstand beim sozialen Wohnungsbau

Beim sozialen Wohnungsbau kommt die Politik bislang deutlich langsamer voran als beim Bau gewöhnlichen Wohnraums. Foto: Bernd von Jutrczenka Foto: dpa

Mit Sozialmietwohnungen sollen die negativen Folgen steigender Mieten abgefedert werden. Doch stehen seit Jahren immer weniger davon zur Verfügung, wie ein Verbändebündnis kritisiert. Das liegt nicht nur an mangelndem politischen Willen.

 
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Berlin - Die Politik kommt aus Sicht eines Bündnisses mehrerer Verbände beim Bau von sozialen und bezahlbaren Wohnungen nicht voran.

"Es ist trotz aller Ankündigungen im Grunde genommen nichts passiert", sagte Matthias Günther vom hannoverschen Forschungsinstitut Pestel am Donnerstag in Berlin mit Blick auf die Aktivitäten der Bundesregierung.

Das Institut hat im Auftrag der Verbände ermittelt, wie viele Sozialwohnungen pro Jahr gebaut werden müssten, um ein Minimalziel von zwei Millionen Einheiten im Jahr 2030 zu erreichen - dem Stand von 2007. Hinter der Auftragsstudie stehen die Baugewerkschaft IG BAU, der Deutsche Mieterbund, die Caritas, der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel sowie die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau.

Günther hält dafür 155.000 neue Sozialwohnungen im Jahr für notwendig - 80.000 Neubauten und 75.000 weitere Wohnungen durch Modernisierungsförderung und den Ankauf von Belegrechten im Bestand. Bei dieser Förderung wird den Wohnungseigentümern ein Teil des für die Modernisierung genutzten Darlehens bezuschusst, wenn diese dabei sozialen Wohnraum schaffen.

Die Autoren schätzen den aktuellen Bestand von Sozialwohnungen für Ende 2019 auf 1,13 Millionen Einheiten, Tendenz sinkend. Seit 2011 fielen demnach rund 500.000 Wohnungen mehr aus dem Sozialwohnungsbestand als neue geschaffen wurden, heißt es in der Untersuchung. "Dabei haben in Großstädten zwischen 40 und 50 Prozent der Haushalte theoretisch Anspruch auf eine Sozialwohnung", sagte der Chef der Gewerkschaft IG BAU, Robert Feiger.

"Die Bundesregierung darf diesen Notruf nicht ignorieren", teilte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, mit. "Wir brauchen eine Neue Wohngemeinnützigkeit, die dafür sorgt, dass in den nächsten zehn Jahren eine Million zusätzliche, dauerhaft bezahlbare Wohnungen geschaffen werden."

Auch die Linke-Fraktion forderte ein "Rettungsprogramm für den sozialen Wohnungsbau". Vor allem müsse gelten: "Einmal Sozialwohnung immer Sozialwohnung. Es darf nicht sein, dass in öffentlich geförderten Wohnungen nach zwanzig oder dreißig Jahren die Mieten explodieren und dadurch Mieterinnen und Mieter verdrängt werden", teilte die wohnungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Caren Lay, am Donnerstag mit. Sie kritisiert den Umstand, dass Sozialwohnungen nach dieser Zeit häufig aus der sogenannten Sozialbindung herausfallen und dann zu normalen Marktpreisen vermietet werden dürfen.

Die FDP kritisierte hingegen die Forderung des Bündnisses. "Statt zwei Millionen Sozialwohnungen brauchen wir eher mehr Wohngeld in Form eines liberalen Bürgergeldes", teilte Fraktionsmitglied Daniel Föst mit. "Sozialwohnungen führen zu einer Ghettoisierung mit den bekannten sozialen Folgen für die Bewohner."

Auch die Bundesregierung sieht die Herausforderungen. "Wir brauchen mehr Sozialwohnungen in Deutschland", teilte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag mit und verwies unter anderem darauf, dass der Bund bis 2021 dafür fünf Milliarden Euro zur Verfügung stellt. "Jetzt müssen auch die Länder ihrer Verantwortung nachkommen und eigene Mittel bereitstellen."

Der Rücklauf beim Ausbau sozialen Wohnraums hat verschiedene Gründe - etwa auch Kapazitätsengpässe in der Bauindustrie, wie der Wohnungsmarktexperte Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin meint. Darüber hinaus führten hohe Grundstückspreise dazu, dass dort vor allem hochpreisig gebaut wird. "Es ist schwierig, mit den klassischen Förderinstrumenten Investoren dazu zu bringen, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren.

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