In seiner NASAS abgekürzten Strategie hat der Bundesbeauftragte ein sogenanntes 5x3-Modell erdacht - fünf Handlungsfelder und drei Querschnittsdimensionen. Streckenweise klingt sein Plan ziemlich abstrakt. Das kritisierte die Opposition auch sofort. Die Strategie falle zu unkonkret aus, monierte der Antisemitismusexperte der Unionsfraktion, Michael Breilmann (CDU), und mahnte zum Beispiel finanzielle Zeichen im Bundeshaushalt an. "Es besteht kein Erkenntnis-, sondern ein Vollzugsdefizit", sagte er.
Ansonsten erfuhr Klein aber viel Lob, vor allem für die Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit, das Problem systematisch anzugehen. Der Zentralrat der Juden sprach von einem wichtigen Zeichen zur richtigen Zeit und würdigte, dass jüdische Verbände und Organisationen einbezogen worden seien. "Gerade die antisemitischen Vorfälle auf der documenta und der Umgang mit ihnen haben auf eklatante Weise gezeigt, wie jüdische Stimmen überhört werden", erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster. Die Strategie greife auch Empfehlungen zum Umgang mit Antisemitismus an der Schule auf. "Denn Bildung ist eines der wichtigsten Mittel im Kampf gegen das Gift Antisemitismus."
"Die Herausforderung ist jetzt die volle Umsetzung der Strategie"
Der israelische Botschafter Ron Prosor lobte Klein ebenfalls und begrüßte die Bemühungen der Bundesregierung mit der neuen Strategie. "Die Herausforderung ist jetzt die volle Umsetzung der Strategie, in allen Sphären der deutschen Gesellschaft", sagte Prosor.
Denn so langlebig der Einsatz gegen Antisemitismus bereits ist - Klein verwies selbst auf eine lange Reihe von Regierungskommissionen, Berichten und Papieren, auf die seine Strategie aufbaut -, so wenig nimmt das Problem grundsätzlich ab. Antisemitismus sucht neue Bahnen wie Verschwörungsideologien während der Corona-Pandemie und neue Verkleidungen wie angebliche Israel-Kritik, die dann aber konkret auf Juden in Deutschland zielt. Und er findet neue Nahrung in Ängsten und Problemen, für die Sündenböcke gesucht werden.
Gerade die jetzigen Krisenzeiten seien eine Bewährungsprobe für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sagte Klein. "Denn in diesen von Unsicherheit geprägten Zeiten neigen Menschen verstärkt zu vermeintlich einfachen Antworten - Antworten, die polarisieren, ausgrenzen und spalten. Antisemitismus ist eine dieser vermeintlich einfachen Antworten." Im Internet seien die Hasspostings explodiert. Und in der analogen Welt zeigten die amtlichen Statistiken seit Jahren einen Anstieg antisemitischer Vorfälle und Straftaten.
Das bedrohe nicht nur Jüdinnen und Juden, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). "Antisemitismus ist ein Angriff auf alle Werte, für die wir als demokratischer Rechtsstaat stehen. Deshalb bekämpfen wir Antisemitismus mit aller Kraft - und auf allen Ebenen unseres Staates."