Kräuter Auf die Natur zurückbesinnen

Von Rosi Thiem
Auch in der Leienfelser Kapelle steht am Altar ein Kräuterstrauß, zeigt Biologin Melanie Schulz. Fotos: Rosi Thiem Quelle: Unbekannt

LEIENFELS. „In dem von mir gesammelten Strauß befinden sich 21 heilkräftige Pflanzen“, verrät Melanie Schulz, Natur- und Landschaftsführerin. Zufrieden streckt sie ihren liebevoll zusammengetragenen Kräuterstrauß entgegen.

 
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Am Hochfest Mariä Aufnahme in den Himmel, das am Donnerstag in den überwiegend katholischen Gegenden Süddeutschlands gefeiert wird, erhalten diese Kräuterbuschen die traditionelle Weihe. „Dieses Brauchtum ebbt leider ab“, bedauert die Biologin und erläutert den heidnischen Ursprung. „Bereits die Kelten sammelten im fortgeschrittenen Sommer die Pflanzen, als sie Öl ansetzten. Die Christen übernahmen dies, erzählt Melanie Schulz. „Der Legende nach war Marias Grab leer und mit duftenden Blumen gefüllt. Es heißt auch Maria ist die Blume des Feldes.“

Brauchtum weitergeben

Viele Bräuche ranken sich um das Fest Mariä Himmelfahrt. In einigen Ortschaften gilt es als eines der schönsten Feste im ganzen Kirchenjahr. Für Melanie Schulz ist es wichtig, das Brauchtum an Interessierte bei geführten Wanderungen weiterzugeben und auf die einzelnen Pflanzen in der unmittelbaren Umgebung einzugehen. „Ich weiß, wo was steht. Je nach Vorkommen wird es gesammelt – wenn Pflanzen nur dünn stehen, bleiben sie stehen, um sie zu erhalten.

Für den Kräuterbüschl reicht ein kleines Zweiglein. Nach dem Brauch sammelt man mindestens sieben, 15, 21 oder mehr verschiedene heilkräftige Pflanzen, das sind christliche Zahlen“, sagt die Biologin und Theologin. „Dill, Schafgarbe, Brennnessel, Weidenröschen, Thymian“, zählt Melanie Schulz auf, „gehören ebenso zum Kräuterbüschl wie Efeu, Hafer und Holunder.

Jede einzelne Pflanze hat auch eine besondere Bedeutung. So steht Rosmarin aus dem Hausgarten für die Verdauung, der Hafer ist lymphreinigend, Efeu ist gut für die Atemwege. Wacholder entwässert und Holunder hilft bei Erkältung“, führt sie fort.

Duft nach gemähtem Heu

Die 55-Jährige begleitete schon etliche Einheimische, aber auch aus dem Großraum Nürnberg und Bayreuth kamen Interessierte, um mehr über den Brauch und die regionalen Pflanzen zu erfahren. „Wir haben das größte Glück in der wunderbaren Fränkischen Schweiz zu wohnen und können den Menschen diese Natur achtsam näherbringen“, räumt Schulz ein. Ein Strauß aus dem vergangenen Jahr liegt ebenfalls auf dem Tisch. Der Duft erinnert erstaunlicherweise auch noch nach einem Jahr an frisch gemähtes Heu mit erlesenen Kräutern.

Kräuter ins Bett

Die Biologin zeigt auf, dass früher der am Marienfeiertag im Gottesdienst geweihte Kräuterbüschl, aufgehängt, getrocknet und spätestens im Weihnachtskreis ins Haus genommen wurde. Hier hat man ihn in den Herrgottswinkel gesteckt oder ins Gebälk auf den Dachboden. Das sollte vor Blitz und Feuer abhalten. „Früher verbrannte man auch ein bisschen im Herd und zündete eine Gewitterkerze an, wenn ein arges Gewitter vorlag. Die Hausbewohner hofften: Das Gewitter sollte gut vorbeigehen.“

Stalltieren legte man Gaben des Straußes in die Futterkrippe und in den Raunächten befanden sich die Kräuter unter dem Kopfkissen zum Schutz vor bösen Mächten, erklärt sie. Der Begriff „Maria Bettstroh“ erläutert sie, kommt ebenso aus dieser Zeit – Neugeborene und Wöchnerinnen bekamen von den geweihten Kräutern etwas mit ins Bett.

Umfangreich legt sie ihren Gruppen Wissenswertes über die heilkräftigen Pflanzen dar. Dabei geht sie individuell auf den Einzelnen ein und lässt ihn die Frage stellen: Welche Kräuter sprechen mich persönlich an, welche sind mir wichtig?

Tradition statt Magie

Der magische Aspekt von früher tritt heute zurück. Nun spricht den naturverbundenen Menschen die Tradition an und das Rückbesinnen auf die unmittelbare Natur. Für manche sei ein Gebinde allerdings nur „ein Staubfänger“ in der Stube, gesteht sie. „Ich habe mich gefragt, was kann der Kräuterstrauß heute bewirken? Viele kaufen sich Duftstäbchen, warum nicht den heimischen Kräuterduft riechen? Warum nicht in der Weihnachtsstube den Strauß aufstellen? Hier kann man das Wohlgefühl des Sommers mit in den Winter nehmen und sich auf den nächsten Sommer freuen.“


Info: Melanie Schulz plant schon für das kommende Jahr. Hier wird es unter anderem Führungen zu den Themen Kreuzwege, Wacholder und Obstbaumblüten geben. Infos und Anmeldungen unter 09244/982944.

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