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Sechs Millionen Fahrgäste zählen die Stadtwerke schon jetzt jedes Jahr. Etwa jeder zehnte Bayreuther fährt regelmäßig mit, und zwar im Schnitt 2,3-mal am Tag. 2,9 Millionen Euro Defizit machte der Busverkehr damit zuletzt im Jahr. Würde das Busfahren kostenlos, fielen dazu rund 4,7 Millionen Euro weg, die die Stadtwerke jährlich durch den Verkauf von Busfahrkarten einnehmen. Aber: Gesamtgesellschaftlich könnte sich kostenloses Busfahren rechnen, sagt Werner Schreiner. Der Wert zusätzlicher Grünflächen für die Lebensqualität einer Stadt sei schwer in Zahlen zu fassen. Geschweige denn der Imagegewinn, wenn Bayreuth zum Vorreiter würde. Dazu fielen die Kosten für Gesundheitsschäden durch Unfälle und Luftverschmutzung weg. Genauso wie für die Sanierung von durch Feinstaub zerfressener Fassaden und für die Instandhaltung von durch Streusalz zerfressener Parkhäuser. Deutschlandweit, sagt Manfred Miosga, Professor für Geografie und Regionalentwicklung an der Uni Bayreuth, würde durch den Wegfall der Subventionen für den Autoverkehr, also durch Pendlerpauschale und Co, genauso viel Geld frei, wie die Ticketverkäufe für den ÖPNV einbrächten: fünf Milliarden Euro. Kostenloses Busfahren ließe sich also finanzieren.
Umbau der ganzen Stadt
Allerdings: Damit die Menschen tatsächlich auf Busse umstiegen, müsse mehr passieren: Der über Jahrzehnte vollzogene Umbau der Städte zugunsten des Automobils müsse rückgängig gemacht werden. Wer vor die Tür trete, dürfe eben nicht zuerst einen Parkplatz und eine Straße sehen, sondern Radwege und Bushaltestellen, sagt Miosga. Der Geograf rechnet mit einer Umbauzeit von 30 Jahren. Dann könnte die Zahl der „Stehzeuge“, also der Autos, die 90 Prozent der Zeit stünden, statt zu fahren, auf ein Fünftel sinken.
Würden aber nicht alle Facetten, wie die Anbindung an das Umland bedacht, sagt die Verkehrsplanerin Gut, dann drohe, was regelmäßig im Winter zu beobachten sei: Dass Menschen einmalig auf den Bus umstiegen und danach das System infrage stellten, weil nun mal auch der Bus im Schneetreiben unpünktlich sei. „Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier“, sagt Gut. Folglich werde das Busfahren erst dann wirklich interessant, wenn das Autofahren deutlich unattraktiver werde. Durch Busspuren am Ring und drastisch erhöhte Parkgebühren. Kurz: Wenn Bayreuth das, was in Großstädten üblich sei, künstlich schaffe.
Am Ende steigen nur die Fußgänger zu
Aber selbst dann sei eines nicht ausgeschlossen: Dass am Ende vor allem Radfahrer und Fußgänger auf das kostenlose Angebot umsteigen. Schon einmal hat die Stadt eine Buslinie vom Bahnhof zur Alexander-von-Humboldt-Realschule ins Leben gerufen. Eingestiegen waren erst mal die, die die zwei Kilometer zuvor zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt hatten.