Die Vereinten Nationen und die Türkei versuchen seit mehreren Wochen in dem Konflikt um das Getreide zu vermitteln und einen Paketdeal auszuhandeln, der Russland auch die Möglichkeit gibt, sein Düngemittel auf den Weltmarkt zu bringen. Am Dienstag waren Militärvertreter Russlands und der Türkei zu Gesprächen in Moskau zusammengekommen. Danach berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu ohne Nennung konkreter Quellen von einem Treffen aller vier Parteien "in den kommenden Wochen" in der Türkei.
Kontrolle des Schwarzen Meeres Kernproblem
Die größte Hürde für eine Einigung ist übereinstimmenden Angaben von Diplomaten zufolge, wie die Schiffe auf der Route durch das Schwarze Meer in die Ukraine kontrolliert werden sollen. Russland will verhindern, dass zum Beispiel Waffen in das Land geliefert werden und behält sich vor, einfahrende Schiffe selbst zu durchsuchen. Das lehnt Kiew ab. Ein Kompromissvorschlag ist die Inspektion durch die türkische Marine unter Anleitung der Vereinten Nationen. Dem habe Moskau aber bislang nicht zugestimmt. Ein weitere Frage sei, wie die Sicherheit der Ukraine vor russischen Angriffen sichergestellt werden könne, wenn Kiew Seeminen zum Schutz seiner Häfen räumt.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu drang am Donnerstag nach einem Treffen mit seiner britischen Kollegin Liz Truss in Ankara auf eine schnelle Lösung der Krise. Dem stünden aber noch einige sicherheitsrelevante Hürden im Wege sagte er, ohne zu spezifizieren. Truss warnte vor "verheerenden Folgen", sollte es keine Fortschritte geben.
Lawrow schiebt Kiew die Verantwortung zu
Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte bei einem Besuch im Iran der Agentur Interfax zufolge: "Die Bemühungen, die jetzt sowohl von der Türkei als auch vom UN-Generalsekretär unternommen werden, wären schon vor längerer Zeit erfolgreich gewesen, wenn die Ukraine (...) das Problem der Minenräumung in den Häfen im Schwarzen Meer gelöst hätte." Russland garantiere die Sicherheit von Lieferungen auf Schiffen in internationalen Gewässern.
Kremlsprecher Dmitri Peskow wies in Moskau Berichte zurück, wonach Getreide aus der Ukraine nach Russland gebracht worden sei. "Russland hat kein Getreide gestohlen", sagte er.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte zuletzt ein Einlenken Russlands gefordert: "Es kann nicht dabei bleiben, dass Millionen Tonnen (Getreide) in ukrainischen Speichern feststecken, obwohl sie weltweit dringend gebraucht werden", sagte er im Bundestag. Von den anstehenden Gipfeln der EU, der Nato und der sieben führenden Industrienationen (G7) müsse daher die Botschaft ausgehen, dass die Demokratien der Welt auch im Kampf gegen Hunger zusammenstünden.