Klinikum-Serie Mit Teamgeist gegen den Dauerstress

Stationsleitung Kathrin Hümmer (Vierte von links) ist stolz auf ihre Mannschaft: Alle ziehen trotz der extremen Belastung mit, sagt sie – und zeigen großes Interesse für Krankheitsbilder, die hier normalerweise auftauchen. Sie bilden sich in Eigenregie fort, um allen Patienten die bestmögliche Pflege zukommen zu lassen. All das sei nicht selbstverständlich. Foto: Stefan Brand

Hier kommt zusammen, was eigentlich gar nicht zusammengehört. Das hat mit der Pandemie zu tun. Mit Corona und den Folgen. Die Station 12b am Klinikum Bayreuth, im Normalbetrieb für Unfall- und Gefäßchirurgie zuständig, ist zurzeit ein Auffangbecken für Patienten aus ganz anderen Abteilungen. Das fordert vor allem das Personal, das einer enormen Dauerbelastung ausgesetzt ist.

 
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Eine Belastung, die auch mit Auslastung zu tun hat, sagt Stationsleitung Kathrin Hümmer. 40 Betten sind im Regelfall maximal belegt, bei 44 ist die Obergrenze angesiedelt. Doch aktuell kann es schon mal vorkommen, „dass bis 47 Patienten betreut werden müssen“. Patienten aus anderen Fachbereichen, aus der Pneumologie, aus der Onkologie, aus der Nephrologie, aus der Dermatologie. Weil dort Covid-19-bedingt verstärkt Zimmer geschlossen oder abgeschottet werden müssen. Hümmer weiter: „Wir haben im Schnitt 41, 42 Patienten hier, jeden Tag wird mittags und nachts eine Statistik zum aktuellen Stand erhoben.“ Wobei die Zahlen von Tag zu Tag schwanken, „wenn Patienten verlegt oder entlassen werden“. Unter dem Strich bleibe aber immer eine Zahl deutlich über dem Nicht-Corona-Schnitt. Nur am Wochenende gehe es manchmal ein wenig entspannter zu.

Viele Krankheitsbilder

Die Belastung in der Pflege ist das eine, „denn wir müssen und wollen ja jedem gerecht werden“. Eine ganz andere Art der Belastung ist die Vielfalt der Krankheitsbilder, mit denen die Krankenschwestern konfrontiert werden. „Da ist ein hohes Maß an Flexibilität gefragt“, sagt Kathrin Hümmer. Weil es da eben auch um medizinische Fachgebiete abseits des chirurgischen Alltags gehe, mit denen die Station vor Corona nicht betraut war. Da sei eine Umorientierung gefragt. Und zwar schon seit zwei Jahren, seit Beginn der Pandemie: „Du musst dich einlesen in fachfremde Gebiete, musst auf dem neuesten Stand sein, musst am Ball bleiben.“ Das funktioniere nur mit einem Team, „das auch interessiert daran ist – und da haben wir das große Glück, dass dies bei allen der Fall ist.“ Das bestätigt auch Krankenschwester Laura Eckert: „Wir haben trotz des Stresses einen tollen Teamgeist und viel Spaß miteinander, wir verstehen uns einfach prima.“

Wundexpertin hilft

Das hilft natürlich, all die Zusatzaufgaben zu meistern, die auf das Personal zukommen. Stichwort Wundversorgung. Die sehe bei Patienten aus der Dermatologie oft ganz anders aus als bei Patienten aus der Unfall- und Gefäßchirurgie, sagt Kathrin Hümmer. Eine Wundexpertin des Klinikums hat die Mitarbeiter der Station 12 b über zwei Monate begleitet als Ratgeber, „das war natürlich eine extrem wichtige Hilfestellung“.

Vor einem Jahr Corona-Station

Wie gesagt: Corona ist kein Neuland für die 12 b. Vor einem Jahr war diese 12 b Corona-Station am Klinikum. Die Beschäftigten hier wissen also, was es bedeutet, mit dieser etwas anderen Krankheit umzugehen. Und wieder geht es um das Stichwort Belastung. Diesmal um die psychische Belastung, Darum, wie man damit umgeht, Menschen sterben zu sehen. Sie dabei begleiten zu müssen. „Fünf bis sechs Patienten in der Woche, damit mussten wir lernen, umzugehen“, sagt Kathrin Hümmer. Im Vergleich dazu sei die momentane Situation fast leichter zu verkraften. Trotz der hohen Belastung.

Organisatorische Probleme

Auch, weil man auf Erfahrungswerte zurückgreifen könne: „Wir können etwa das psychologische Element nun besser handhaben.“ Was bleibe, seien die organisatorischen Probleme. Da sich die Regelungen für die Rückführung von Patienten in die Pflegeheime ständig änderten. Zum Beispiel. Abgesehen müssten ja auch noch die „normalen“ Patienten gut versorgt werden.

Normales Programm läuft weiter

Jede weitere Corona-Welle werde einen Rückschlag bedeuten in Richtung „normales Arbeiten“. Auch, weil im Gegensatz zu den beiden ersten Corona-Wellen die Angst vor einem Klinikaufenthalt kaum noch spürbar sei, sagt Klinikum-Sprecherin Xenia Pusch. Sprich: kranke Menschen wollen Eingriffe und Behandlungen, die verschiebbar sind, jetzt ohne Zeitverzug wahrnehmen, Das „normale Programm“ laufe parallel zu den Covid-19-Fällen weitgehend wieder auf dem gewohnten Niveau, ergänzt Kathrin Hümmer.

Kraftreserve schwinden

Das hat Konsequenzen. Das pausenlose Arbeiten über das normale Maß hinaus wirke sich nicht nur körperlich, sondern auch seelisch aus. Auch wenn die Stimmung noch gut ist und das Betriebsklima noch passt: „Auf Dauer lässt sich das nicht durchhalten, irgendwann sind die Kraftreserven aufgebraucht“, sagt Kathrin Hümmer. Ohne die „ganz wichtigen“ Pflegehilfskräfte – manche befristet, manche unbefristet angestellt – wäre das Ganze schon jetzt nicht mehr leistbar.

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