Klimawandel Mörderische Hitzewelle hat Indien fest im Griff

Werner Ludwig
Endlich Wasser: Abkühlung tut derzeit in Indien Not Foto: dpa/Rajanish Kakade

Der Subkontinent spürt die Folgen des Klimawandels heftiger als je zuvor.Auch in den nächsten Tagen ist keine Besserung zu erwarten.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Indien leidet unter eine Hitzewelle, die alles bisher dagewesene übertrifft. Bereits im März hatte das Land die höchsten Temperaturen seit Beginn der Aufzeichnungen vor 122 Jahren verzeichnet, wie das Earth Observatory der US-Raumfahrtbehörde Nasa berichtet. Im April hat sich die Lage weiter verschärft. In der Mitte und gegen Ende des Monats hätten die Temperaturen in Teilen Indiens um 4,5 bis 8,5 Grad Celsius höher gelegen als um diese Zeit üblich, schreiben die Nasa-Experten unter Berufung auf Satellitendaten. Die bislang höchste Temperatur wurde am 27. April mit 45,9 Grad in Prayagraj im Nordosten Indiens gemessen. Aus dem Nachbarland Pakistan werden sogar Spitzenwerte von bis zu 48 Grad gemeldet.

Ein Warnsignal für das, was noch kommt

Schnelle Besserung ist nicht in Sicht. Die indische Meteorologiebehörde erwartet in den nächsten Tagen in Teilen des Landes sogar noch höhere Werte und auch danach zunächst „keine großen Veränderungen“. Ungewöhnlich an der aktuellen Rekordhitze ist ihr frühzeitiges Auftreten. Derart hohe Temperaturen werden in der Region normalerweise erst im Mai oder Juni erreicht. Die frühe Hitzewelle sei ein Warnsignal für das, was nun im Mai und Juni noch kommen werde, sagte Direktor Dileep Mavalankar vom Indian Institute of Public Health Gandhinagar.

Die Folgen sind dramatisch. Die Hitze lässt die Böden schneller austrocknen. Nutzpflanzen leiden unter Wassermangel und bringen schlechtere Erträge. In der BBC berichten Bauern etwa über Probleme bei der Weizenernte, was die bereits durch den Ukraine-Krieg bedrohte Versorgung zusätzlich gefährdet. Zudem steigt die Brandgefahr – nicht nur in den Wäldern. So brennt in der Nähe der Hauptstadt Neu-Delhi seit Tagen eine Müllhalde und verpestet die Luft.

Fachleute warnen zudem vor gesundheitlichen Folgen. Indischen Forschern zufolge sind in dem Land bei Hitzewellen seit 2010 mindestens 6500 Menschen ums Leben gekommen. Wer kann, schützt sich so gut wie möglich. Klimaanlagen funktionieren allerdings nicht mehr überall, weil es wegen des großen Bedarfs Stromausfälle gibt. Auch bei der Wasserversorgung werden Engpässe gemeldet. Besonders betroffen von der Hitze seien die Ärmeren, sagt Chandni Singh vom Indian Institute für Human Settlements: „Arme Menschen haben weniger Ressourcen, um sich Kühlung zu verschaffen und auch weniger Möglichkeiten, sich in Innenräumen vor der Hitze zu schützen“.

Hitzewellen werden häufiger

Klimaexperten haben keinen Zweifel, dass der Klimawandel Hauptursache dieser Wetterextreme ist. „Bevor menschliche Aktivitäten die globalen Temperaturen nach oben getrieben haben, hätte so eine Hitzewelle Indien etwa einmal in 50 Jahren getroffen“, sagte die Klimaexpertin Mariam Zachariah vom Londoner Imperial College dem „Guardian“. Mittlerweile sei das viel häufiger der Fall. „Wir erwarten solche hohen Temperaturen nun einmal in rund vier Jahren“. Und wenn der massive Treibhausgasausstoß nicht aufhöre, könnten solche Hitzewellen noch häufiger werden, so Zachariah. Die Nasa-Klimaforscher führen die anhaltende Rekordhitze auch auf Störungen des Jetstream-Höhenwindsystems infolge der Erderwärmung zurück. Dadurch verharren bestimmte Wetterkonstellation länger an einer Stelle. Das kann zu extremer Hitze, aber auch zu andauerndem Starkregen führen.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Kriegen wir so die Klimakrise in den Griff?

Bilder