Klimawandel in den Alpen Schweizer Gletscher schwinden erneut deutlich

Markus Brauer/

Zunächst sah es in diesem Jahr gut aus für die Schweizer Gletscher: Es gab sehr viel Schnee im Winter. Doch dann kamen Saharastaub und hohe Sommertemperaturen.

 
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Ein Fotograf macht ein Bild in einer Gletscherhöhle am Morteratschgletscher. Der Morteratschgletscher ist ein Alpen-Gletscher m Kanton Graubünden. Foto: Keystone/dpa/Gian Ehrenzeller

Selbst der viele Schnee im vergangenen Winter hat den Schweizer Gletschern nur wenig genutzt: Weil es im Juli und August sehr warm war und zudem Saharastaub auf den Bergen niederging, ist das Volumen der Gletscher in diesem Jahr um 2,5 Prozent zurückgegangen, wie die Schweizerische Kommission für Kryosphärenbeobachtung der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz berichtet.

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Schmelzende Gletscher trotz starkem Schneefall

Nach dem starken Schneefall im Winter 2023/24 sah es zunächst gut aus, teilt die Akademie mit, die sich auf Daten des Schweizer Gletschermessnetzes (Glamos) bezieht. Besonders oberhalb von 2200 Metern seien 30 Prozent mehr Schnee gefallen als im langjährigen Durchschnitt.

„Die mittleren Schneehöhen zwischen November und Mai gehören in der Höhe zu den höchsten seit Messbeginn“, heißt es weiter. Manche Zeitreihen gehen 90 Jahre zurück.

Mitarbeiter des ETH-Glaziologen arbeiten am teilweise schnee bedeckten Rhonegletscher in der Nähe des Goms in der Schweiz ein. Foto: AP/Matthias Schrader/dpa

August teils heißer als Hitzesommer 2003 und 2022

Dann kamen aber die heißen Sommermonate Juli und August. „Der August verzeichnete gar den größten Eisverlust seit Messbeginn“, berichtet die Kommission. Auf dem 3463 Meter hohen Jungfraujoch sei der August noch wärmer als gewesen als in den Hitzesommern 2003 und 2022.

In den Jahren 2022 und 2023 war das Gletschervolumen schon um insgesamt zehn Prozent geschrumpft, so viel wie nie zuvor in einer Zweijahresperiode. Damit sei innerhalb von zwei Jahren so viel Eis verloren gegangen wie insgesamt zwischen 1960 und 1990.

Diese Luftaufnahme zeigt den Rhonegletscher und der Furkapass. Foto: Keystone/Peter Klaunzer/dpa

Negativer Einfluss des Saharastaubs

Negativen Einfluss hatte in diesem Jahr zudem Saharastaub. Er verfärbt den Schnee gelb-braun und führt dazu, dass der Schnee mehr Sonnenenergie absorbiert und dadurch stärker schmilzt.

Zudem sei über 3000 Metern zwischen Mitte Juni und Mitte September kaum Schnee gefallen. „Dies ist im langjährigen Vergleich außergewöhnlich, trat in den letzten Jahren aber immer häufiger auf“, heißt es in dem Bericht.

Durch den tauenden Permafrost wird das Wandern und Bergsteigen in den Alpen immer gefährlicher. Foto: KEYSTONE/Gian Ehrenzeller/dpa

Permafrost geht weiter zurück

Nach zwei Jahren mit wenig Schnee und heißen Sommern geht der Permafrost in der Schweiz vielerorts weiter zurück. Die Zeitspanne von Oktober 2022 bis September 2023 ist demnach die wärmste Zwölfmonatsperiode seit Beginn der Messungen 1864 gewesen.

Seit Oktober 2022 war es der Akademie der Wissenschaften zufolge außergewöhnlich warm gewesen, mit Lufttemperaturen von 1,5 bis 1,9 Grad über dem langjährigen Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2010. Dazu sei ein später Wintereinbruch in den hohen Lagen gekommen und weniger Schnee als im Durchschnitt vergangener Jahre, heißt es.

Als Permafrost wird Untergrundmaterial wie Fels oder Schutt bezeichnet, das über mehrere Jahre nie über null Grad warm wird.

Touristen gehen an einer Gletscherhöhle am Morteratschgletscher. Foto: KEYSTONE/Gian Ehrenzeller

Auch 2024 reicht an Negativrekorde heran

Es geht bei diesen Betrachtungen immer um das hydrologische Jahr, das von Oktober bis September des Folgejahres dauert. Dies, um eine bessere Bilanz von Niederschlägen ziehen zu können. Regen und Schnee von Oktober über den Winter fließen großteils erst im Folgejahr als Schmelzwasser wieder ab.

Auch 2024 hat die Auftauschicht in den Schweizer Permafrost-Gebieten im Sommer 2023 die Rekordwerte des vorangegangenen Jahres wieder erreicht. Hier einige Beispiele:

  • Am Schilthorn in den Berner Alpen war die Auftauschicht mit über 13 Metern im Jahr 2023 etwa dreimal so dick wie vor 20 Jahren.
  • An vielen Standorten taute der Permafrost bis in größere Tiefen.
  • Am Blockgletscher Schafberg oberhalb von Pontresina waren es einige Dezimeter.
  • Am Stockhorn oberhalb von Zermatt zum Beispiel plus zwei Meter.
Selbst Mitte September 2023 schmolz das Eis des Gletschers am Vadret dal Murtèl auf einer Höhe von 3100 Meter am Fuße des Piz Bernina rapide dahin. Foto: SCNAT/dpa/M. Huss

Schweizer Permafrost leidet unter Klimastress

Nach dem Hitzesommern 2022 und 2023 wurden an vielen Stationen des Schweizer Permafrost-Messnetztes PERMOS auch 2024 rekordhohe Oberflächentemperaturen erreicht. Sie übertrafen die Höchstwerte aus den Jahren 2003, 2015 und 2019, wie es heißt.

Weil die Bodenoberfläche wegen der fehlenden isolierenden Schneedecke im Winter deutlich abkühlte, erreichten die vorher hohen Oberflächentemperaturen die größeren Tiefen erst einige Monate verzögert und gedämpft.