Kindersextourismus in Gambia

 Foto: red

Gambia zieht viele Kindersextouristen an. Die Regierung des kleinen westafrikanischen Landes kämpft gegen die Ausbeutung der Opfer. Doch Armut, Korruption und eine ineffiziente Strafverfolgung machen ihr die Arbeit schwer.

 
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Oumie Sanneh sitzt vor ihrem kleinen Haus am Strand der gambischen Küstenstadt Kololi und schaut gedankenverloren auf das Meer. Reuevoll erinnert sich die 42-Jährige an die Ankunft eines niederländischen Urlaubers in dem ehemaligen Fischerort am Senegambia-Streifen im Herzen des Touristengebiets. Der Mann mittleren Alters freundete sich mit Sannehs 14-jähriger Tochter Sirreh an. Er wollte ihr Schulgeld zahlen und ihr Kleidung kaufen. «Er kam zu unserem Haus, holte meine Tochter zu Spaziergängen ab und gab uns viel Geld», erinnert sich die Alleinerziehende.

Sanneh hielt den Mann für einen gutherzigen, wohlhabenden Europäer. Erst nach seiner Abreise berichtete Sirreh ihrer Mutter, dass er sie sexuell missbraucht hatte. «Ich habe meine eigene Tochter ruiniert, und alles wegen der Armut», sagt Sanneh unter Tränen.

Hunderte von Mädchen und Jungen in dem kleinen westafrikanischen Land werden jedes Jahr von Touristen sexuell ausgenutzt, heißt es in einem Bericht der Non-Profitorganisation Ecpat, die weltweit gegen die Kinderprostitution kämpft. «In Westafrika ist Gambia das Hauptziel für Kindersextourismus», sagt Sheriff Manneh, der für die Touristensicherungseinheit in der Hauptstadt Banjul arbeitet, die speziell zur Bekämpfung des Sextourismus eingerichtet wurde.

Laut einer Statistik der Weltbank besuchen jährlich mehr als 150 000 Menschen die ehemalige britische Kolonie. Die meisten Besucher kommen aus Großbritannien, Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland, den Niederlanden und Deutschland. Mehr als 80 000 Arbeitsplätze in Gambia hängen vom Tourismus ab, der 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht, sagt der internationale Branchenverband WTTC.

«Viele kommen nur dafür - um Sex mit Kindern zu haben. Wir sehen es jeden Tag. Es ist zur Normalität geworden», sagt der Touristenführer Omar Jarjue der Deutschen Presse-Agentur. Seit der Kindersextourismus in asiatischen Ländern wie Thailand und Kambodscha strikter überwacht wird, gewinnen weniger bekannte Ziele wie Gambia an Beliebtheit.

Viele Sextouristen bieten armutsgeplagten Eltern direkt Geld für ihre Kinder, berichtet der Kinderschutzverband CPA, dem 48 Non-Profitorganisationen in Gambia angehören. Andere freundeten sich mit Kindern an, die am Strand Snacks und Getränke verkaufen. Ecpat sieht darin ein gewaltiges Problem, weil einige Eltern ihre Kinder ermutigten oder gar unter Druck setzten, durch Prostitution zusätzliches Geld zu verdienen. Andere, wie Sanneh, seien einfach zu treuselig. Außerdem hofften viele Kinder, dass ihnen die Prostitution zu Reichtum und einem besseren Leben verhelfen könne, sagt Ecpat.

Die gambische Regierung hat in den vergangenen Jahren einige Gesetze reformiert, um den Kindersextourismus einzugrenzen. Sowohl das Sexualstrafrecht als auch eine Regelung für «Verantwortungsvollen Tourismus» sollen die Kinder schützen. 2014 hat die Nationalversammlung den Weg für ein Sondergericht freigemacht, das Sexualtätern heftige Strafen und Gebühren auferlegt. Außerdem hat die Regierung Programme gestartet, um Hotelmitarbeiter, führende Persönlichkeiten in Gemeinden, Lehrer und Polizisten für das Problem zu sensibilisieren. Hotels dürfen es Erwachsenen nicht erlauben, Minderjährige mit auf ihr Zimmer zu nehmen.

«Wir prüfen die Ausweise aller Besucher, um ihr Alter zu verifizieren», sagt Sillah Darboe, ein Rezeptionist im Bungalow Beach Hotel von Kololi. Wenn Mitarbeiter den Anweisungen nicht folgen, werden sie vom Dienst suspendiert oder entlassen, sagt er. Der CPA hat Dutzende von Überwachungsgruppen eingerichtet, die Strände, Bars und Restaurants in Urlaubsorten im Auge behalten und Fälle von Kindersextourismus den Behörden melden. Aber die Täter finden immer wieder neue Wege die Regeln zu umgehen. Korruption und eine ineffiziente Strafverfolgung machen dem Kinderschutzbund die Arbeit schwer, beklagt der nationale Koordinator Njundu Drammeh. «Die Verfolgung der Täter bleibt eine Herausforderung.»

dpa

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